Für viele erwerbstätige Eltern sind Kindertagesstätten unverzichtbar. Doch Kitas sind eine finanzielle Belastung – teils lohnt sich sogar deswegen ein Job nicht. Basel-Stadt entschärft diese Probleme nun mit einem neuen Gesetz: Ab August erhalten Kitas höhere Subventionen, womit die Elternbeiträge sinken, und die Löhne der Betreuenden in Kitas werden erhöht.
Es ist dramatisch. Wir sehen einen sehr grossen Handlungsdruck.
Dies setzt Gemeinden im Nachbarkanton Baselland unter Druck, speziell in der Agglomeration: Vier Kitas haben bereits geschlossen. In Birsfelden BL, wo eine zweite Kita schliesst, sagt Gemeinderätin Regula Meschberger: «Es ist dramatisch. Wir wissen jetzt von Familien, die wegziehen nach Basel. Wir sehen einen sehr grossen Handlungsdruck.»
Mit einem Umzug nach Basel-Stadt können Eltern bis zu 1400 Franken pro Monat sparen. Überdies gibt es in Basel-Stadt deutlich höhere Steuerabzüge für Kinderbetreuungskosten. All das rechne sich für Familien, sagt Céline Veraguth, die in Pratteln BL seit zehn Jahren eine Kita betreibt.
Auch ihre Kita habe schon mehrere Eltern verloren, die umgezogen seien. Vor allem Alleinerziehende seien abgewandert, aber auch voll zahlende Familien zögen wegen dieser Kostendifferenz in die Stadt. Trotz Wohnungsknappheit und höheren Mieten.
Veraguth hat darum die Kita-Allianz mitgegründet, der sich inzwischen eine Mehrheit der Kitas in Baselland angeschlossen hat. Das neue baselstädtische Gesetz habe schon jetzt negative Folgen für die Baselbieter Kita-Landschaft. Selbst eine Kita fernab der Kantonsgrenze in Gelterkinden mache dicht.
Schmerzhafte Lohndifferenzen
Druck gibt es neben den Preisen für die Betreuungsplätze auch bei den Löhnen für das Kita-Personal. Das neue Basler Tagesbetreuungsgesetz bringt Angestellten von Tagesheimen oder Kindertagesstätten gleiche Löhne wie in einer kantonalen Tagesstruktur für Schulen.
Diese Konkurrenz macht die Suche nach Personal für Kitas im Landkanton noch schwieriger. Veraguth rechnet vor, dass sie mit 20 Jahren Erfahrung in Basel-Stadt als Kita-Angestellte monatlich 1500 bis 1800 Franken mehr verdienen würde als heute in Pratteln.
Der Kanton muss etwas tun.
Die Verantwortung für familienexterne Kinderbetreuung tragen im Baselbiet die Gemeinden. Doch diese sehen kaum Möglichkeiten, ihre Kitas zu unterstützen, zumal vielen die Mittel dazu fehlen. Für Regula Meschberger ist klar: «Der Kanton muss etwas tun. Gemeinden und Kanton arbeiten daran, dass künftig eine Objektfinanzierung vom Kanton gewährleistet wird.»
Die Grenze zu Basel-Stadt ist für den Arbeitsmarkt besonders wichtig.
Franziska Gengenbach ist in der Baselbieter Bildungsdirektion für das Thema zuständig. Sie dämpft die Erwartungen: Die finanziellen Mittel seien nicht mit dem Stadtkanton vergleichbar. «Uns ist aber bewusst, dass die Grenze zu Basel-Stadt für den Arbeitsmarkt besonders wichtig ist.»
Neues Gesetz erst in der Pipeline
Aktuell fehle Baselland die Rechtsgrundlage für Unterstützungen. Kita-Subventionen durch den Kanton soll ein neues Gesetz bringen. Dieses ist vorgesehen als Gegenvorschlag zu einer SP-Initiative für Gratis-Kinderbetreuung. Doch bis das alle politischen Hürden genommen hat und in Kraft treten kann, dürften noch zwei, drei Jahre verstreichen.
So lange sind Baselbieter Kitas noch auf sich alleine gestellt. Veraguth befürchtet, dass so noch mehr Kitas schliessen werden und das Betreuungsangebot in Baselland leiden werde. Dies wiederum dürfte den Stadtkanton für erwerbstätige Eltern noch attraktiver machen.