Die SVP ist die grosse Verliererin der Eidgenössischen Wahlen 2019. Sie brach um 3.8 Prozent ein, im Nationalrat hat die Partei zwölf Sitze eingebüsst. Eine schallende Ohrfeige für die erfolgsverwöhnte SVP.
Präsident Albert Rösti sagte, mit diesem Ergebnis könne und dürfe man nicht zufrieden sein. Gleichzeitig wurden sowohl er als auch SVP-Wahlkampfleiter Adrian Amstutz nicht müde zu betonen, dass ihre Partei nach wie vor die stärkste Kraft im Land sei.
Ist die SVP einfach Opfer eines «Hypes» rund ums Klima geworden, wie Amstutz erklärte? Oder gehen die Probleme der Partei viel tiefer?
Klima-Thema traf SVP «völlig unvorbereitet»
Die SVP habe sich in den vergangenen vier Jahren auf ihrem Rekordergebnis von 2015 ausgeruht, sagt Toni Bortoluzzi, Vizepräsident der Zürcher Kantonalpartei, alt Nationalrat und langjähriger Wegbegleiter und Vertrauter von Christoph Blocher.
Für ihn war schon vor der Wahlschlappe klar: Die Volkspartei muss grundlegende Probleme lösen, wenn sie zurück auf die Siegerstrasse will. «Die Berner Mentalität hat Einzug gehalten», konstatiert Bortoluzzi. Die Partei sei «behäbig» geworden. Es werde nicht mehr mit «Power» gearbeitet. «Man muss wieder pointierter auftreten, nicht einfach den Erfolg verwalten, das reicht nicht in der Politik.»
Die nötige Grundlagenarbeit im Hintergrund sei in den vergangenen vier Jahren vernachlässigt worden. Exemplarisch für die diesbezüglichen Versäumnisse der SVP sei der Umgang mit dem Klima-Thema.
Die ganze Schweiz redete im Wahljahr über den Klimawandel. Die links-grünen Parteien rieben sich die Hände. Und von der nationalen SVP kam dazu lange nichts. Dieses Thema habe die SVP auf dem falschen Fuss erwischt, man sei «völlig unvorbereitet» gewesen, sagt Bortoluzzi.
Ist Albert Rösti noch der richtige Präsident?
Die Krise der SVP wurde bereits im Frühling offensichtlich. Die Zürcher Kantonsratswahlen endeten in einem Desaster für die Partei – und kosteten Konrad Langhart, den damaligen Präsidenten der SVP Zürich, den Kopf. Albert Rösti, der Präsident der SVP Schweiz, bedauerte das Ergebnis der Eidgenössischen Wahlen, schloss seinen Rücktritt aber aus.
Das enttäuschende Ergebnis zeige klar, dass es nicht so weitergehen könne, findet Bortoluzzi. Die Zürcher SVP müsse national wieder mehr Einfluss nehmen, Zürcher SVPler müssten «ein Stück weit die Führung» der SVP Schweiz übernehmen und «helfen, die nötigen Korrekturen in die Wege zu leiten.»
Auf die Frage, wie lange sich Albert Rösti noch als Präsident halten könne, antwortet Bortoluzzi, es sei nicht an der Zürcher SVP, das zu entscheiden, aber: «Da muss man natürlich über die Bücher gehen: Ob es noch einen Präsidenten verträgt, der so viele Wähleranteile verloren hat. Oder ob man sagt: Es braucht eine grundsätzliche Erneuerung der Parteistrukturen.»
Sendebezug: SRF 4 News, 23.10.19, 8:30 Uhr