Die Geste mit dem Kühlein kam gut an. Das kleine Holzspielzeug mit Glöckchen, das die Schweizer Botschaft allen UNO-Korrespondentinnen und -korrespondenten überreichte, war das Gesprächsthema und sorgte für Heiterkeit. Auch UNO-Chefsprecher Stéphane Dujarric erhielt eins – und stellte sein Kühlein sogar vor sich aufs Rednerpult.
Der UNO-Sicherheitsrat ist in einem schwierigen Zustand.
Viel zu lachen wird es indes im Mai, wenn die Schweiz dem Sicherheitsrat vorsteht, nicht mehr geben. «Der Sicherheitsrat ist in einem schwierigen Zustand», sagt Liechtensteins UNO-Botschafter Christian Wenaweser. Die Situation sei sehr angespannt.
Zahlreiche aktuelle Krisenherde
Da ist einmal die Weltkonfliktlage. Zum russischen Angriff auf die Ukraine mit geopolitischen Konsequenzen kommen neue Konflikte – jüngst in Haiti, zuletzt im Sudan. Gerade da müsste der UNO-Sicherheitsrat dringend handeln. Das Vorsitzland Schweiz wird im Rampenlicht stehen.
Auch die Ukraine dürfte im Mai viel Raum beanspruchen. Wenaweser geht davon aus, dass im Mai «militärisch einiges passieren wird». Dann würden womöglich kurzfristig Sitzungen einberufen – Debatten, wo die Fronten verhärtet sind. Und falls Moskau das Abkommen aufkündigt, das ukrainische Getreideexporte ermöglicht, die für Drittweltländer überlebenswichtig sind, dürfte auch dieses Problem in den Sicherheitsrat gelangen.
Informationen des EDA
Auch, wenn der liechtensteinische UNO-Botschafter es nicht hofft, es ist wahrscheinlich, dass das Thema in den Sicherheitsrat kommt. Dann wäre dort erneut ein bitterer Streit programmiert, verhärtete Fronten wären sicher. Und dann müsste die Schweizer Botschafterin Pascale Baeriswyl als Ratsvorsitzende viel diplomatisches Geschick beweisen.
Eigene Themen lancieren
Je mehr Aufmerksamkeit der Ukrainekonflikt absorbiert, umso stärker verdrängt er andere wichtige Themen, bei denen der Rat bisher noch handlungsfähig war – etwa, als er vorige Woche die Taliban wegen ihrer frauenverachtenden Politik verurteilte. «Es gibt schon noch Konsens. Es ist nicht so, dass im Sicherheitsrat gar nichts mehr passiert», betont Wenaweser.
Das Vorsitzland kann gewisse Dinge, die ihm national besonders wichtig sind, ins Rampenlicht rücken.
Gleichzeitig möchte die Schweiz wie jedes andere Land während seines Vorsitzmonats auch eigene Themen lancieren. Dabei habe man sehr weitgehende Freiheiten, betont der Liechtensteiner. «Man kann da gewisse Dinge, die einem national besonders wichtig sind, ins Rampenlicht rücken.» Das sei die offensichtlichste Art, eine Präsidentschaft positiv zu nutzen.
Cassis, später Berset in New York
Die Schweiz plant das diese Woche mit der Friedensförderung. Aussenminister Ignazio Cassis wird dazu den Sicherheitsrat leiten. Später im Mai reist Bundespräsident Alain Berset an, wenn es um den Schutz der Zivilbevölkerung in Kriegen geht.
Kaum je gelingen einem Land, das den Sicherheitsrat präsidiert, grosse Würfe. Die Schweiz selber warnt vor zu hohen Erwartungen, erst recht nach dem kontroversen russischen Ratsvorsitz im abgelaufenen Monat, der das Gremium irritiert und weiter gespalten hat.
«Der Monat April war besonders unangenehm und schwierig», sagt Wenaweser. Man erwarte deshalb, dass die Schweiz während ihres Präsidialmonats zu einem gewissen Zusammenrücken führen werde. Dafür sei die Schweiz sehr gut geeignet. Die Schweiz würde sich allein schon dadurch Lorbeeren verdienen, wenn sie wieder etwas Ruhe und Nüchternheit in den Sicherheitsrat brächte.