Am WEF in Davos sprach Umweltaktivistin Greta Thunberg der Weltgemeinschaft ins Gewissen: Im Namen der nachfolgenden Generationen forderte sie Wirtschaft und Politik auf, den Klimawandel entschlossen zu bekämpfen.
Zumindest bei Gleichaltrigen findet ihr Protest Gehör – auch in der Schweiz. Im ganzen Land gehen jeweils am Freitag Gymnasiasten auf die Strasse. Während dieser Zeit verpassen sie den Unterricht, in dem vielleicht gerade eine Matheprüfung geschrieben wird.
Wer fehlt, kann für die verpasste Probe auch schon mal die Note eins kassieren. So zumindest ist es einigen Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Payerne im Kanton Waadt passiert, wie «20 Minuten» berichtet. Ein Extremfall. Aber auch andere Schweizer Gymnasien schreiben den Jugendlichen unentschuldigte Absenzen auf, wenn sie für Klimademos die Schule schwänzen.
Ist man zu Recht streng in dieser Sache oder soll man politisierte Schülerinnen und Schüler unterstützen? Rolf Maurer, Rektor des Berner Gymnasiums Neufeld, hat grundsätzlich Verständnis für die Kundgebungen. Aber: «Die Frage ist, wie und wann man diesen Protest ausdrückt.»
Die Schülerinnen und Schüler müssen sich an Regeln halten. Wir wollen ihnen aber die Möglichkeit geben, ihren Protest auszudrücken.
Hier befinde man sich in einem Spannungsfeld. «Die Schule hat einen Bildungsauftrag. Wenn dieser nachhaltig gestört wird, müssen wir reagieren.» Konkret: Ein Streik, der über mehrere Wochen einen geregelten Unterricht am Freitag verunmöglicht, sei nicht zielführend.
Im Kanton Bern haben Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, fünf freie Halbtage zu beziehen. Diese sollten für den Protest eingesetzt werden, sagt Maurer. Es sei nicht Sache der Schulleitung, einen Streik aufzunehmen und den Schülerinnen und Schülern frei zu geben: «Ein Streik soll Druck erzeugen und das Ziel muss sein, mit der Politik ins Gespräch zu kommen», sagt Maurer.
Wer seine Halbtage aufgebraucht hat, ist nicht zur Untätigkeit verdammt: «Man kann mit Kompensationsleistungen weiter an den Veranstaltungen teilnehmen», so Maurer. Etwa, indem man eine Podiumsdiskussion organisiere oder ein Referat halten würde.
Für den Rektor steht fest: Unentschuldigte Absenzen aufzutürmen könne nicht Sinn der Sache sein. «Die Schülerinnen und Schüler müssen sich an Regeln halten. Wir wollen ihnen aber die Möglichkeit geben, ihren Protest auszudrücken.»
Eine politisierte Generation
In die Entscheidungsfreiheit der Schülerinnen und Schüler möchte der Rektor aber nicht eingreifen. Es gebe weder gute noch schlechte Proteste – die Schulleitung nehme keinen politischen Einfluss.
Maurer war am Rande der 68er-Bewegung Gymnasiast, und auch er war politisch aktiv. Die heutige Jugend nimmt er durchaus als politisiert wahr – den Protest seiner Schülerinnen und Schüler nimmt Maurer also ernst.