Vor einem Jahr sorgte sie für Schlagzeilen: die Recherche des Westschweizer Fernsehens RTS zu den Missbrauchsfällen in der Abtei Saint-Maurice im Unterwallis. Seither kommt die Abtei nicht zur Ruhe.
Das neuste Kapitel in dieser Geschichte: der Rücktritt von Gilles Roduit. Der Priester der Abtei Saint-Maurice ist seit vielen Jahren Pfarrer der Pfarreien Saint-Maurice, Lavey, Evionnaz und Outre-Rhône. Nun gibt er sein Amt ab. Dies wegen «zahlreichen Ablehnungen seiner Anwesenheit», wie der Kirchgemeinderat von Saint-Maurice und Lavey in einem Schreiben mitteilt.
Fünf Tage im Hungerstreik
Aber von vorne: Im Herbst 2023 war Gilles Roduit beschuldigt worden, in den 2000er-Jahren einen Novizen missbraucht zu haben. Daraufhin wurde er von seinem Amt als Pfarrer sowie als Dekan von Monthey suspendiert.
Ab Februar dieses Jahres durfte der Geistliche dann wieder priesterlich tätig sein, allerdings nicht als Dekan und Pfarrer. Dies empfand Roduit als ungerecht. Er bat das Bistum Sitten um Rehabilitierung. Weil sich das Bistum Zeit liess damit, trat Roduit in einen Hungerstreik, der schweizweit für Aufsehen sorgte. Nach fünf Tagen wurde Roduit wieder in sein Amt als Pfarrer eingesetzt. Seine Rückkehr löste Proteste aus, vor allem von Opferverbänden.
Vor zwei Monaten jedoch gab es erneut Vorwürfe. Die Sendung «Mise au Point» des Westschweizer Fernsehens RTS berichtete, dass mindestens zwei weitere Frauen dem Priester ein unangemessenes Verhalten in den 2000er-Jahren vorwerfen. Damals war eine von ihnen Messdienerin, die andere eine Schülerin des Pfarrers.
Vorurteile und anonyme Briefe
Folgen hatten die Vorwürfe keine, Gilles Roduit blieb weiterhin Pfarrer – bis jetzt. Am 21. September informierte Roduit die zuständige Kirchgemeinde über seinen Rücktritt.
Diese schreibt auf ihrer Website, man nehme diesen Entscheid «mit grossem Bedauern» zur Kenntnis. Viele Mitglieder der Pfarrgemeinde hätten sich über die Rückkehr des Pfarrers gefreut. Doch auch wenn die Justiz diese Fälle abgeschlossen habe, sei der Priester immer wieder mit Vorurteilen und anonymen Briefen konfrontiert gewesen. «Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es noch viel zu tun gibt auf dem Weg der Barmherzigkeit und der Vergebung», schreibt die Kirchgemeinde.
Ich bin mit meiner Entscheidung im Frieden.
Roduit selbst sagt gegenüber dem Online-Portal cath.ch: «Ich bin traurig, dass ich meine Stelle aufgeben muss, aber ich bin mit dieser Entscheidung im Frieden.»
Zusammengefasst lässt sich sagen: Ein Zwischenkapitel in der Geschichte über die Missbrauchsfälle in der Abtei Saint-Maurice geht mit diesem Rücktritt zu Ende. Aber die Geschichte als Ganzes ist noch längst nicht fertig geschrieben.