Die Falschmeldung des Bundesamtes für Gesundheit, wonach in Clubs und Restaurants die Gefahr am grössten sei, sich mit dem Coronavirus anzustecken, gibt zu reden. Tatsächlich stecken sich die meisten innerhalb der Familie an, wie das BAG am Sonntag klarstellte. Es entschuldigte sich und kündigte an, die Abläufe zu überprüfen. Expertin Adrienne Suvada ist erstaunt, denn eine solche Information müsste mehrfach kontrolliert werden.
SRF News: Ist eine falsche Information, wie sie das BAG geliefert hat, eher eine peinliche Panne oder eine unentschuldbare Schludrigkeit?
Adrienne Suvada: Wo Menschen arbeiten, können immer Fehler passieren. Das ist hier auch der Fall. Es hat mich aber schon erstaunt, weil die Meldung ja sehr wichtig war. Die Rolle der Clubs war im Vorfeld emsig diskutiert worden, es wurde auch viel Kritik geäussert.
Das war schon eine grosse Panne.
Normalerweise wird in der Kommunikation alles vier- bis sechsmal geprüft, bevor es an die Öffentlichkeit geht. Entsprechend hätten Experten beim BAG die Listen nochmals kontrollieren sollen. Das war schon eine grosse Panne.
Wie konnte ein solch schwerwiegender Fehler passieren?
In der Kommunikation – gerade in Krisensituationen – wird mit einem One-Voice-Prinzip kommuniziert. Es ist jemand vorne, der spricht, und es wird nur das kommuniziert, was wirklich gesichert ist. Und sonst wird erklärt, warum man etwas nicht kommuniziert. Normalerweise sind Sicherheitsmechanismen eingebaut. Mehrere Leute schauen darüber, damit alles Hand und Fuss hat.
Stichwort Masken. Zuerst hiess es, dass sie wenig nützten. Interne Dokumente zeigen nun aber, dass man schlicht zu wenig Masken hatte...
Die Maskenfrage ist für mich der Kardinalfehler in der gesamten Kommunikation des BAG. Das hat Auswirkungen bis heute, die Maskenpflicht wird in der Bevölkerung immer noch diskutiert. Das ist erstaunlich, weil Masken ja im Pandemieplan vorgesehen waren. Andere Länder hatten die Maskenpflicht schon eingeführt. Man wusste, dass sie etwas bringen. Man denke nur an das medizinische Personal, das täglich Masken trägt.
Es wurde nicht klar kommuniziert, dass vor allem auch der fehlende Lagerbestand ein Problem war.
Dass man dies so kommuniziert hat, ist im Grunde ein Verstoss gegen die gängigen Kommunikationsregeln. Diese besagen, man sollte möglichst authentisch sein, man sollte nicht lügen. Ich will jetzt nicht unterstellen, dass hier gelogen worden ist, aber es wurde zumindest nicht klar kommuniziert, dass vor allem der fehlende Lagerbestand ein Problem war.
Der damalige Coronabeauftragte Daniel Koch sagte, zuerst hätten die Leute begreifen müssen, dass vor allem Handhygiene und Abstand wichtig sind. Dann habe man die Masken hinzugezogen. War das eine Kommunikationspanne?
Das ist fast schlimmer als eine Kommunikationspanne, weil man ja weiss, dass das Bündel der Massnahmen sehr wichtig ist. Klar ist Abstandhalten und Händewaschen wichtig, aber eben auch das Maskentragen. Es war nicht nur ein Kommunikationsproblem, sondern tatsächlich auch eine wichtige Massnahme, die man verhinderte und die erst sehr spät eingeführt wurde.
Bei den Lockerungen kam wieder das Durcheinander.
Gibt es auch Dinge, die das BAG gut gemacht hat?
Vor allem während der Akutphase, in unserem soften Lockdown, hat das BAG sehr gut kommuniziert. Es hat gut mit dem Bundesrat zusammengearbeitet. Die Medienkonferenzen waren klar. Die Bevölkerung hat mitgemacht, das hat sehr gut funktioniert – zu Beginn eher schlechter, danach besser. Und dann, bei den Lockerungen, kam wieder das Durcheinander. Da hat das BAG die Unterstützung wieder etwas verloren.
Das Gespräch führte Susanne Stöckl.