In einem der grössten Korruptionsfälle in der Bundesverwaltung hat die Bundesanwaltschaft erste Urteile gefällt. Drei IT-Unternehmer wurden zu bedingten Geldstrafen und Bussen verurteilt, ein Treuhänder zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Martin Hilti, Geschäftsführer von Transparacy International Schweiz, ist alarmiert: Wirksame Korruptionsbekämpfung lasse sich mit derart milden Urteilen nicht betreiben.
SRF News: Wie schätzen Sie die Urteile ein?
Martin Hilti: Sie sind auffallend milde ausgefallen. Das wirkt auf mich irritierend. Letztlich bewegen sich die Urteile im Rahmen einer Verkehrsbusse. Angesichts der massiven Bestechung und der Summen, um die es geht, ist das erstaunlich.
Was sendet das Ihrer Ansicht nach milde Strafmass für ein Signal aus?
Kein besonders gutes. Bestechung ist kein Kavaliersdelikt und muss konsequent geahndet werden. Mit solchen Urteilen wird dies nicht gerade unterstrichen.
Bei Bestechung handelt es sich um ein schweres Delikt. Das Strafmass beläuft sich auf bis zu fünf Jahre Gefängnis. In der Praxis sollte dieses Strafmass auch ausgeschöpft werden.
Zudem sollen Strafen abschreckend wirken, sowohl für die Täter als auch für die Allgemeinheit. Diese Funktion dürfte bei derartigen Entscheiden infrage gestellt werden.
Bei diesem Urteil wurden einzelne Personen verurteilt. Obwohl es möglich gewesen wäre, die Unternehmen selbst zu verurteilen. Kann man etwas überspitzt sagen: Korruption lohnt sich für private Unternehmen?
Im vorliegenden Fall sprechen wir tatsächlich nur von der von Verantwortlichkeit von Privatpersonen. Das Strafgesetzbuch sieht aber auch ganz explizit eine Unternehmenshaftung vor: Wenn ein Unternehmen nicht belegen kann, dass es angemessene Massnahmen getroffen hat, um Korruption zu verhindern, macht es sich selbst strafbar.
Bräuchte es härtere Strafen, um Korruption nachhaltig zu bekämpfen?
Bei Bestechung handelt es sich um ein schweres Delikt. Das Strafmass beläuft sich auf bis zu fünf Jahre Gefängnis. In der Praxis sollte dieses Strafmass auch ausgeschöpft werden. Andere Bereiche sind aber ebenso wichtig. Zunächst einmal müssen die Strafverfolgungsbehörden überhaupt Kenntnis von Unstimmigkeiten und möglicher Korruption und Bestechung haben. Dabei spielen in der Regel Whistleblower die entscheidende Rolle.
Die Fälle, die wir kennen, werden meist erst von diesen internen Hinweisgebern ans Licht gebracht. Sie sind aber in der Schweiz ungenügend geschützt vom Gesetz. Hier muss unbedingt gehandelt werden. Weiter ist das Öffentlichkeitsprinzip wichtig: Auf Anfrage muss die Verwaltung Zugang zu amtlichen Dokumenten gewähren. Der vorliegende Fall ist ja nur aufgrund einer Anfrage gestützt auf das Öffentlichkeitsprinzip aufgedeckt worden.
Wir müssen also davon ausgehen, dass die bekannten Fälle von Korruption nur die Spitze des Eisbergs bilden.
Schliesslich ist ebenso wichtig, dass die Strafverfolgungsbehörden überhaupt die Strafverfolgung an die Hand nehmen, wenn Verdachtsmomente da sind. Leider beobachten wir, dass diese hier noch zu zurückhaltend sind.
Muss man von einer hohen Dunkelziffer ausgehen, wenn viele Korruptionsfälle erst durch Einzelpersonen ans Licht kommen?
In der Tat. Korruption ist gekennzeichnet von einer sehr hohen Dunkelziffer. Das hat damit zu tun, dass alle Beteiligten von der Tat profitieren und ein grosses Interesse daran haben, diese unter dem Deckel zu halten. Zudem gibt es keine direkt, sondern nur indirekt Geschädigten wie die Allgemeinheit und Konkurrenten. Wir müssen also davon ausgehen, dass die bekannten Fälle nur die Spitze des Eisbergs bilden.
Das Gespräch führte Janis Fahrländer.