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Dank «Heimfall»: Gemeinden erobern Wasserkraftwerke
Aus Rendez-vous vom 08.10.2024. Bild: SRF/Klaus Ammann
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Kraftwerk wechselt Besitzer Wasserkraft: Die Bergkantone wollen das Ruder übernehmen

In den nächsten 20 Jahren laufen die Konzessionen vieler Wasserkraftwerke aus. Die Standortgemeinden und -kantone in den Bergen wollen den «Heimfall» ausüben und die Kraftwerke übernehmen. Ein Blick in die Geschichte der Wasserkraft und auf die schwierigen Verhandlungen, die nun anstehen.

Dieses Jahr läuft die Konzession der Axpo für das Kraftwerk Pintrun ab. 80 Jahre nach der Inbetriebnahme hätte die Standortgemeinde Trin GR ihr sogenanntes «Heimfallrecht» ausüben und die Anlage übernehmen können.

zwei grosse rote Maschinen: Generatoren für das Kraftwerk, in einer weissen Halle.
Legende: Die zwei Generatoren des Kraftwerks Pintrun produzieren pro Jahr rund 30 GWh Strom. Alle Wasserkraftwerke der Axpo zusammen generieren über 8000 GWh Strom. SRF

Nach langen Verhandlungen einigten sich die Beteiligten aber darauf, eine neue Gesellschaft zu gründen, die künftig das Kraftwerk Pintrun betreiben soll. Hauptaktionär mit 70 Prozent ist nun die Gemeinde Trin. Der Kanton Graubünden hält 10 und die Axpo 20 Prozent. Von 100 auf 20 Prozent – das sei schon ein Verlust, sagt Viktor Lir von der Axpo, aber: «Wir müssen den Willen der Gemeinden und der Kantone akzeptieren. Wichtig ist, dass wir uns mit der neuen Rolle wohlfühlen.»

Die Rolle der Axpo ist nach wie vor diejenige des Betreibers. Das sei auch sinnvoll so, meint Maurus Caflisch. Die Axpo habe viel Erfahrung und «so ein Kraftwerk wirft nicht einfach nur Gewinn ab, es birgt auch Risiken». Die Preise auf dem Strommarkt waren in den vergangenen Jahren so tief, dass viele Wasserkraftwerke ihre Kosten teils nicht decken konnten.

So wie in Trin stehen in den nächsten 20 Jahren in der ganzen Schweiz ähnliche Verhandlungen an. Mit Kraftwerken wie demjenigen am Grimsel, der Grande Dixence oder dem Kraftwerk Bitsch muss in den 2040ern die Eigentümerschaft ganz grosser Anlagen neu geregelt werden. Reibungslose Übergänge sind mitentscheidend für den Erfolg der Energiewende in der Schweiz, die zu grossen Teilen auf der Wasserkraft und deren gezieltem Ausbau beruht.

Das Wasserkraftwerk Pintrun

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1944 wurde die Anlage in der Schlucht des Vorderrheins im Kanton Graubünden erbaut, von der Holzverzuckerungs-AG, der späteren Ems-Chemie. Seit 2002 ist sie im Besitz des Energiekonzerns Axpo.

Das Ende einer Zeit der Abhängigkeit

Mit den Heimfällen endet vielerorts eine Geschichte der Abhängigkeit von Bergkantonen und -gemeinden von Unterländer Energiekonzernen. Die allerersten Wasserkraftwerke der Schweiz waren privat finanziert. So überraschte der innovative St. Moritzer Hotelier, Johannes Badrutt, bereits 1879 seine Gäste mit elektrischem Licht, dank Strom aus dem nahen Bach.

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Archiv: Die Geschichte der Schweizer Wasserkraft
aus Zeitblende vom 05.10.2024. Bild: Dokumentationsbibliothek, St. Moritz
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Schnell stieg die Nachfrage nach Strom nicht nur im Tourismus, sondern auch seitens der Bahn und der Industrie. Immer grössere Kraftwerke wurden gebaut. Auf Flusskraftwerke folgten in der Zwischenkriegszeit und nach dem Zweiten Weltkrieg immer grössere Speicherseen. Diese konnten viele der meist armen Berggemeinden nicht selbst finanzieren.

Wir wollen unsere eigene Ressource nutzen, damit wir unsere wirtschaftliche Stärke unterstützen können.
Autor: Carmelia Maissen Energiedirektorin Kanton Graubünden

In die Lücke sprangen Energiekonzerne aus dem Unterland, wie die NOK, die spätere Axpo. Gegen einen sogenannten Wasserzins erhielten die Konzerne die Erlaubnis, die Wasserkraft in den Bergen während 80 Jahren zu nutzen. Das war über Jahrzehnte ein lukratives Geschäft, an dem die Standortgemeinden kaum teilhatten.

In den Heimfällen sehen nun die Gebirgskantone die Chance, diesen Missstand zu korrigieren. Carmelia Maissen, Bündner Energiedirektorin und Präsidentin der Regierungskonferenz der Gebirgskantone, sagt es so: «Wir wollen unsere eigene Ressource nutzen, damit wir unsere wirtschaftliche Stärke unterstützen können.»

Für Unterländer Energiekonzerne bedeutet dies, dass sie einen bedeutenden Teil ihrer Stromproduktion verlieren werden und – zumindest im Bereich Wasserkraft – viel kleiner werden. Wie viel kleiner, das wird sich bei den kommenden Heimfall-Verhandlungen zeigen.

Rendezvous, 8.10.2024, 12:30 Uhr;kobt

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