Die Hoffnung auf mehr Winterstrom liegt am Grimselpass, an der Trift im Berner Oberland und in Zermatt am Gornergletscher – die drei grössten von 16 Wasserkraft-Projekten, die die Schweiz besonders forciert. Umweltverbände sehen in diesen Projekten eine Gefahr für den Naturschutz.
Beat Rieder ist Walliser Mitte-Ständerat und die Stimme für die Wasserkraft. Er will die Umweltverbände entmachten bei den Projekten an der Grimsel, der Trift, in Zermatt und anderswo. Diese Projekte seien ausgehandelt worden zwischen Behörden, Stromfirmen und Umweltverbänden vor drei Jahren am Runden Tisch. Und dann habe ihnen im Juni bei der Abstimmung über das Stromgesetz auch das Volk noch zugestimmt.
Für mich persönlich ist eine Einschränkung des Verbandsbeschwerderecht absolut möglich.
«Wir haben einen Entscheid der Bevölkerung. Für diesen Entscheid waren Grosswasserkraftwerke, namentlich jedes einzelne, aufgeführt. Und deshalb ist für mich persönlich eine Einschränkung des Verbandsbeschwerderechts absolut möglich.»
Nächste Woche will Rieder die Einschränkung des Verbandsbeschwerderechts in der Umweltkommission des Ständerats vorschlagen, als Teil des Beschleunigungserlasses, der die Verfahren für Energieprojekte strafft.
Wir können hier das Verbandsbeschwerderecht durchaus einschränken.
Rieder hat die Stromwirtschaft hinter sich, und mit an Bord ist auch der FDP-Chef und Ständerat Thierry Burkart. «Wir können hier das Verbandsbeschwerderecht durchaus einschränken im Sinne von, die Schweizer Bevölkerung hat es genehmigt, also soll es jetzt auch gebaut werden.»
Burkhardt spricht von Einschränken. Die Kraftwerke als solche könnten nicht mehr bekämpft werden. Nur zu Detailfragen sollten Einsprachen möglich bleiben.
Besorgte Umweltorganisationen
Die Umweltorganisationen sind alarmiert. Raimund Rodewald, Geschäftsleiter der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, sagt, das Volk habe Ja gesagt zu Projektideen, nicht zu konkreten Bauprojekten. «Ein Volksentscheid heisst natürlich nicht, dass das Volk auch inhaltlich über alle Bestimmungen des Umweltschutzrechtes, über alle Bestimmungen der Bundesgesetzgeber entschieden hätte.»
Wenn kein Kläger existiert, gibt es auch keinen Richter und damit keine neutrale Überprüfung.
Die Stiftung Landschaftsschutz hat die Erklärung des Runden Tisches seinerzeit nicht unterzeichnet. Sie hat Vorbehalte gegenüber dem Projekt in Zermatt am Gornergletscher. Es sei gefährlich, das Beschwerderecht anzutasten, warnt Geschäftsführer Rodewald.
«Weil die Behörden unglaublich unter Druck kommen, möglicherweise Projekte genehmigen müssen, die eigentlich den Gesetzen widersprechen. Aber weil ja dann kein Kläger existiert, gibt es auch keinen Richter und damit eigentlich auch keine neutrale Überprüfung.»
Das Verbandsbeschwerderecht sorge schlicht dafür, dass bestehende Vorschriften eingehalten würden. Nächste Woche verhandeln die Umweltpolitikerinnen und -politiker des Ständerats im Bundeshaus. Die Linken werden das Beschwerderecht verteidigen. Mit Nuancen allerdings.
SP-Ständerat Simon Stocker nämlich sieht Raum für Kompromisse: «Eine rigorose Einschränkung, dazu möchte ich keine Hand bieten. Aber bei der Überlegung, ob man nur noch gewisse Organisationen zulassen soll, könnte ein Kompromiss in der Luft liegen.»
Das Verbandsbeschwerderecht streichen, einschränken oder auf wenige Organisationen beschränken. Die Umweltverbände müssen um ihre Mitsprache fürchten.