Eine finanziell ohnehin nicht auf Rosen gebettete Zürcherin fragt sich, warum ihr Haushaltskonto plötzlich so einen tiefen Saldo aufweist. Sie findet heraus, dass ihr in diesem Jahr – anders als in den Vorjahren – die volle Krankenkassenprämie berechnet wird. Sie fühlt sich überrumpelt und fragt sich auch im Namen anderer Betroffener, warum sie diesmal keine Antragsformulare für eine Prämienverbilligung erhalten hat.
Jede und jeder Dritte wird entlastet
Rund drei Millionen Menschen – jede und jeder Dritte in der Schweiz – profitieren vom System der Prämienverbilligungen. Jahr für Jahr geben die Kantone insgesamt über vier Milliarden Franken aus, um Leuten mit kleinem Budget einen Teil der grossen Prämienlast abzunehmen oder gar den vollen Betrag. Wer, wieviel zugute hat und wieviel ein Kanton für die Prämienverbilligungen budgetiert, ist ein politischer Entscheid. Die Einkommens- und Vermögensgrenzen sowie weitere Faktoren, von denen eine Prämienverbilligung abhängt, unterscheiden sich deshalb von Kanton zu Kanton.
In der Regel erhalten jene die Antragsformulare automatisch zugestellt, die aufgrund ihrer finanziellen Situation eine Entlastung zugute haben. Die Steuerämter der Gemeinden sind diesbezüglich gut mit den Sozialversicherungsanstalten des jeweiligen Kantons vernetzt. Die Kantone überweisen die entsprechenden Beiträge dann direkt den jeweiligen Krankenkassen der Betroffenen.
Mehr Einkommen, Umzug, neues Berechnungs-System
Es gibt verschiedene Gründe, weshalb die Vergünstigung wegfallen kann. Zentral sind Einkommen und Vermögen. Steigen diese Werte gemäss den aktuellen Steuerdaten über eine gewisse Limite, fällt die Vergünstigung weg. Es könne auch sein, dass man nach einem Umzug in einen anderen Kanton plötzlich feststelle, dass man keine Verbilligung erhalte, sagt Andreas Dummermuth, Präsident der Konferenz der kantonalen Ausgleichskassen.
Es gab deshalb viele Anrufe von Studierenden, die uns fragten, warum sie keinen Antrag mehr bekommen
Ein weiterer Grund, weshalb die Entlastung gestoppt wird: Ein Kanton senkt die Ausgaben für die Prämienverbilligungen oder ändert sein System. Der Kanton Zürich, zum Beispiel, hat 2020 umgestellt auf eine neue Berechnungsmethode. Die Prämienverbilligung wird neu in zwei Stufen gewährt. In einem ersten provisorischen Schritt erhalten die potenziell Anspruchsberechtigten erst 80 Prozent des Beitrages. 20 Prozent werden zurückbehalten, bis die definitiven Steuerfaktoren für das laufende Jahr feststehen. Damit wolle der Kanton erreichen, dass wirklich nur jene profitieren, die aufgrund ihrer jetzigen finanziellen Verhältnisse eine Unterstützung nötig hätten und nicht aufgrund der Steuererklärung des letzten oder vorletzten Jahres, sagt Daniela Aloisi, Mediensprecherin der SVA des Kantons Zürich. Zürich ist bislang der einzige Kanton, der diesen Weg eingeschlagen hat.
Vermögen der Eltern spielt eine Rolle
Eine weitere Zürcher Änderung gilt indes bereits andernorts: Bei jungen Erwachsenen in Erstausbildung wird bei der Berechnung der Vermögensverhältnisse das Einkommen und Vermögen der Eltern miteinbezogen. «Es gab deshalb viele Anrufe von Studierenden, die uns fragten, warum sie keinen Antrag mehr bekommen», so Aloisi gegenüber dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».
Im Beispiel der Zürcherin stellte sich auf ihre Anfrage heraus, dass sie noch bis Ende März 2022 einen Antrag für 2021 einreichen kann. Ob sie vorab hätte orientiert werden sollen, ob es allenfalls vergessen ging oder sie unter Umständen einen Hinweis übersehen hat, bleibt in diesem Fall letztlich unklar.