Warum sind die Prämien seit 2008 angestiegen und weshalb fallen sie wieder? Die Höhe der Prämien richtet sich nach der Entwicklung der Gesundheitskosten. Und die kennen nur eine Richtung: sie steigen. Dass die Prämien nun trotzdem sinken, ist den Reserven der Krankenkassen geschuldet. Diese sind gesetzlich verpflichtet, Reserven anzulegen, um für unerwartete Ereignisse, wie beispielsweise eine Pandemie, gewappnet zu sein.
Aktuell belaufen sich die Reserven auf rund 12 Milliarden Franken. Profitiert haben die Krankenkassen von der guten Börsenlage, denn sie legen die Reserven auch an den Finanzmärkten an. Von den Reserven werden nun im kommenden Jahr 380 Millionen Franken an die Versicherten zurückgeführt. Mit den üppigen Reserven kann der Prämienanstieg auch in Zukunft gedämpft werden. Nur: Die Gesundheitskosten werden vorläufig weiterhin nur eine Richtung kennen. Die technische Entwicklung der Medizin führt zu teureren Anwendungen und die Alterung der Gesellschaft zu mehr Behandlungen.
Wer zahlt wie viel?
Mit den Prämien sind Zahlungen gemeint, die von den Versicherten an ihre Krankenkasse überwiesen werden. Die Höhe ist für gleichaltrige Personen am selben Wohnort gleich – unabhängig von ihrer Einkommenssituation. Für Wenigverdiener gibt es
Prämienverbilligungen
. Diese bemessen sich am steuerbaren Einkommen und sind je nach Kanton unterschiedlich ausgestaltet. Sie können für Erwachsene mehrere Tausend Franken pro Jahr betragen.
Inwiefern profitieren junge Leute? Je nach Krankenkasse, Wohnort und Alter einer versicherten Person fällt die Anpassung der Prämie unterschiedlich aus. Eine junge erwachsene Person mit Jahrgang 2001 und wohnhaft in der Stadt Zürich, die bei AMB (gehört zur Groupe Mutuel) versichert ist, zahlte bislang eine monatliche Prämie von 441.30 Franken pro Monat bei einer Franchise von 300 Franken, inklusive Unfallversicherung. Ab 2022 beläuft sich die Prämie auf 394.30 Franken – eine Reduktion von nahezu 11 Prozent. Würde dieselbe Person in der Entlebucher Gemeinde Escholzmatt wohnen, beliefe sich die Prämie auf 303.30 Franken.
Sollten die Prämien nach der Corona-Pflege-Krise nicht steigen? Welche Kosten die Pandemie genau auslöst, ist noch nicht abschliessend abschätzbar. Klar ist aber, dass die Ausgaben für das Gesundheitswesen nicht explodieren, also genau anders, als dies viele befürchteten. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe: Einerseits verzichteten viele Spitäler, Ärzte und andere Leistungserbringer auf nicht lebensnotwendige Operationen und Behandlungen. Andererseits gingen – vor allem in der Phase des Lockdowns – viel weniger Menschen zum Arzt – wohl auch aus Angst, sich in einer Arztpraxis anzustecken. Dies hat dazu geführt, dass viel weniger Kosten entstanden sind, trotz den mit Corona-Patienten überfüllten Intensivstationen in den Spitälern.
Wer entscheidet das? Der Bundesrat. Die Krankenkassen sind verpflichtet, die Prämien so zu berechnen, dass sie die tatsächlichen Gesundheitskosten decken – im aktuellen Fall für das Jahr 2022. Der Bundesrat hat in diesem Jahr via Verordnung mehr Flexibilität geschaffen. Die Krankenkassen haben damit neue Anreize erhalten, die Prämien möglichst knapp zu berechnen und die Reserven nicht zu gross werden zu lassen.
Warum unterscheiden sich die Prämien von Kanton zu Kanton? Auch hier gilt: Die Prämien sollen möglichst die tatsächlichen Kosten widerspiegeln. Und die sind von Kanton zu Kanton verschieden. Aber nicht nur auf kantonaler, sondern auch auf kommunaler Ebene. In der Regel sind auch in städtischen Gebieten die Prämien höher als auf dem Land.
Ist der Reserveabbau der Versicherer von 380 Millionen Franken gut oder schlecht für mich? Der Reserveabbau der Krankenkasse ist weder gut noch schlecht für die Prämienzahler. Über Jahre haben die meisten Kassen gewaltige Reserven angehäuft, die sie jetzt auf sanften Druck des Bundesrats abbauen. Die Versicherten profitieren einmalig von einer tieferen Prämie oder erhalten eine einmalige Zahlung von ihrer Kasse. Das heisst aber nicht, dass die Prämien nicht wieder steigen werden in den nächsten Jahren – das ist sogar sehr wahrscheinlich. Das Problem mit der stetig teureren Gesundheitsversorgung wird durch den Reserveabbau nicht gelöst. Die allermeisten Kassen sind solide finanziert, sodass sie ein Reserveabbau problemlos finanzieren können.