Das Schweizer Gesundheitssystem ist teuer. Seit Jahren sind die Krankenkassenprämien nur am Steigen. Im kommenden Jahr gehen die Prämien im Mittel um 0.2 Prozent zurück – erstmals seit 2008 und während der Corona-Pandemie.
Der Hauptgrund dafür liege im Abbau von Reserven bei den allermeisten Krankenkassen, sagt Josef Dittli, Präsident von Cura Futura, dem Verband der Krankenversicherer CSS, Helsana, Sanitas und KPT.
Für die erhöhten Reserven der vergangenen Jahre sieht Dittli zwei Gründe: «Erstens, weil die Kapitalerträge in den letzten Jahren sehr hoch waren. Zweitens ist es zurückzuführen auf den Tarifeingriff des Bundesrates.»
Das habe dazu geführt, dass gewisse Krankenkassen über 150 Prozent der Reserven hätten. Aufgrund dieser überhöhten Reserven könnten diese nun eine Ausschüttung machen, erklärt Dittli.
Anreize des Bundesrates
Tatsächlich haben die Krankenkassen ihre Reserven in den vergangenen Jahren immer mehr erhöht. Heute liegen sie bei über 12 Milliarden Franken. Das wurde auch dem Bundesrat zu viel.
Mithilfe einer Revision der Krankenversicherungs-Aufsichtsverordnung (KVAV) schuf er Anreize, diese Reserven abzubauen.
380 Millionen Franken wollen die Krankenkassen im kommenden Jahr ihren Versicherten zurückzahlen – durch Prämienverbilligungen und Rückzahlungen. Allerdings gibt es grosse Unterschiede zwischen den Kassen bei den Beträgen, die von den Reserven abgebaut werden und zurück an die Prämienzahler fliessen. Das zeigt eine Anfrage von SRF bei den grössten Krankenkassen.
Obligatorischer Reserveabbau?
Einigen Politikern genügt dieser Reserveabbau aber noch nicht. So ist im Parlament seit einem Jahr eine Motion hängig, die einen obligatorischen Reserveabbau fordert. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) fordert noch mehr.
Reserven seien nichts anderes als zu viel bezahlte Prämien, sagt Reto Wyss, Zentralsekretär des SGB. Von diesen Reserven würden die Krankenkassen nur drei Prozent an die Versicherten zurückbezahlen. «Das Gesetz würde aber 50 Prozent zulassen, das wären etwa 700 Franken pro Kopf.»
Bei Santésuisse, der Branchenorganisation der Schweizer Krankenversicherer, welche die meisten Krankenkassen vertritt, kommen diese Forderungen gar nicht gut an.
Matthias Müller, Sprecher von Santésuisse, betont, dass auch die Versicherten sehr direkt von Reserven profitierten. So hätten die Krankenversicherer Spielraum und könnten auf diese Weise auch Gelder zurückzahlen, wie das jetzt der Fall sei. «Es sollte in der Verantwortung der einzelnen Unternehmen liegen, wann sie Reserven ausschütten können», sagt Müller.
Abbau dürfte nicht lange anhalten
So oder so: Ob die Prämienreduktion in den folgenden Jahren anhält, ist zu bezweifeln. Bundesrat Alain Berset liess zwar verlauten, dass die Dämpfung der Gesundheitskosten für den Bundesrat ein wichtiges Ziel sei.
Aufgrund der demografischen Entwicklung und des medizinisch-technischen Fortschritts dürften die Kosten im Gesundheitswesen aber auch in Zukunft weiter ansteigen. Ausserdem sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Kosten im Gesundheitswesen noch völlig offen.