Darum geht es: Aussenminister Ignazio Cassis trifft heute auf seiner viertägigen Asien-Reise zunächst seinen indischen Amtskollegen Subrahmanyam Jaishankar in Neu-Delhi. In gleicher Sache wird Cassis danach China besuchen.
Im Namen der Schweiz als neutrales Land mit langer Tradition als Vermittlerin in Konflikten wird Cassis um die Teilnahme Indiens wie auch Chinas am geplanten Friedensgipfel werben. Inwieweit Cassis diplomatisch etwas in Bewegung setzen kann, ist nicht absehbar. Denn Indien verfolgt mit Blick auf Vermittlungsaktivitäten im Ukraine-Krieg eine eigene Agenda und wird ebenfalls in China für seine Friedenskonferenz werben, wie Südasien-Korrespondentin Maren Peters erklärt.
Die Rolle von Indien im Ukraine-Konflikt: Indien als fünftgrösste Wirtschaftsmacht der Welt hat enge Beziehungen zu Russland aufgebaut. Zugleich haben sich die USA Indien angenähert, weil sie das Land als strategischen Partner im Abwehrkampf gegen das immer mächtiger werdende China brauchen. Indien hat sich zugleich nicht an den Sanktionen gegen Russland beteiligt und sieht sich darum in einer guten Ausgangsposition, um im Konflikt zu vermitteln.
Indien versucht sich mit allen grossen Ländern gut zu stellen, auch um keine wirtschaftlichen Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. So hat Indien den Angriffskrieg auf die Ukraine nie verurteilt. Die Regierung verfolgt damit eine Art «pragmatische Neutralität». Premier Narendra Modi sagte lediglich, dass keine «Ära des Krieges» herrsche.
Die Beziehungen Indien-Russland: Früher verband die beide Länder Indien und Russland ein sozialistisches Wirtschaftsmodell. Das ist Geschichte. Die beiden Länder pflegen aber auch heute noch sehr enge Wirtschaftsbeziehungen: Russland ist Indiens wichtigster Waffenlieferant und auch ein wichtiger Öllieferant. Dies als Folge des Ukraine-Kriegs. Nach den Sanktionen des Westens gegen Russland und dem Preisdeckel hat Indien sehr viel billiges russisches Öl gekauft und insofern sogar indirekt von diesem Krieg profitiert.
Die Pläne von Premier Modi: Indien wählt dieses Jahr im April und Mai ein neues Parlament. Wenn eine Vermittlung zur Ukraine unter indischer Moderation zustande käme und das rechtzeitig passieren würde, könnte dies Premier Narendra Modi auch als eigenen Erfolg darstellen.
Modi hat in den letzten Monaten sehr viel dafür getan, Indien und seine eigene Rolle auf der internationalen Bühne zu stärken. Unter anderem als Gastgeber des G20-Gipfels 2023, wo er sich als Sprachrohr des globalen Südens zu positionieren versuchte. Wenn der Einsatz zugunsten einer Ukraine-Vermittlung nicht gelingen sollte, kann er immer noch den anderen die Schuld geben. Er hat also wenig zu verlieren, aber viel zu gewinnen.