Der Bundesrat hat an seiner heutigen Sitzung weitere Entscheidungen im Zusammenhang mit der Entwicklung in der Ukraine getroffen.
Schutzstatus S für Ukrainerinnen und Ukrainer: Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine haben weit über eine Million Menschen das Land in Richtung Schengen-Länder verlassen. Es wird erwartet, dass viele Flüchtende auch in der Schweiz Schutz suchen werden.
Dafür möchte der Bundesrat Schutzstatus S für Ukrainer und Ukrainerinnen aktivieren, wie dies das Asylgesetz vorsieht. Es wäre das erste Mal, dass die Schweiz diesen Status anwendet. Damit könnten Ukrainer und Ukrainerinnen ohne Visum in die Schweiz einreisen und sich insgesamt 90 Tage frei in Schengen-Ländern aufhalten. Danach könnten die Geflüchteten mit dem Status S rasch ein Aufenthaltsrecht in der Schweiz erhalten, ohne ein ordentliches Asylverfahren durchlaufen zu müssen.
Damit schliesst sich die Schweiz einer Lösung an, für die sich die EU-Mitgliedstaaten mehrheitlich ausgesprochen haben. Bis Mitte kommender Woche läuft nun eine Konsultation bei den Kantonen, den Hilfswerken und dem UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR, bevor der Bundesrat definitiv über die Einführung entscheidet.
Massnahmen für die Gasversorgungssicherheit: Die Invasion Russlands in der Ukraine hat auch Auswirkungen auf die Energieversorgungssicherheit der Schweiz. Sie könnte im kommenden Winter durch die Krise und Wirtschaftssanktionen geschwächt werden. Darum hat der Bundesrat das UVEK, das WBF und die Wettbewerbskommission (Weko) beauftragt, sicherzustellen, dass die Schweizer Gasbranche möglichst rasch Gas, Gasspeicherkapazitäten, Flüssiggas (LNG) und LNG-Terminalkapazitäten beschaffen kann. Die Gasbranche soll dies rasch umsetzen können, ohne später kartellrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen, weil solche Beschaffungen nur durch Absprachen innerhalb der Branche möglich sind.
Laut dem Bundesrat ist diese Massnahme notwendig, weil die Schweiz keine grossen Gasspeicher hat und von internationalen Importen abhängig ist. Die EU-Mitgliedsländer haben ein Solidaritätsabkommen für die gegenseitige Gaslieferung in Notlagen abgeschlossen, bei dem die Schweiz nicht eingebunden sei.
Ein Restrisiko bleibt bestehen bei ungeplanten Kraftwerksausfällen oder bei einer längeren Kälteperiode sowie eines allfälligen Lieferstopps von russischem Gas. Die Regulierungsbehörde im Elektrizitätsbereich (Elcom) beobachte die Situation in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Energie und der wirtschaftlichen Landesversorgung sowie mit der Stromnetzbetreiberin Swissgrid.
Weitere Güter- und Finanzsanktionen gegen Russland: Der Bundesrat hat beschlossen, weitere Sanktionspakete der EU zu übernehmen. Sogenannte Dual-Use-Güter für militärische, wie auch für zivile Zwecke dürfen nicht mehr nach Russland ausgeführt werden. Verboten werden auch Exporte strategischer Güter für Militärtechnologien, für den Ölsektor und die Luft- und Raumfahrtindustrie. Verboten werden auch Dienstleistungen, etwa Reparaturarbeiten, aber auch Versicherungen.
Weiter verbietet die Schweiz wie die EU Transaktionen mit der russischen Zentralbank. Massnahmen im Finanzbereich betreffen auch Wertpapiere, Darlehen sowie die Entgegennahme von Einlagen. Zudem trägt die Schweiz den Ausschluss mehrerer russischer Banken vom Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift mit. Schliesslich sperrt die Schweiz Vermögen von weiteren Personen aus dem Umfeld des russischen Präsidenten Wladimir Putin.