Worum geht es? Die Schweizer Armee verfügt über 96 eingemottete Leopard-2-Panzer. Politikerinnen und Politiker verschiedener Couleurs möchten einen Teil dieser Panzer an europäische Staaten weitergeben. Die Idee: Die betreffenden Länder liefern Leopard-Panzer aus ihren Armeen an die Ukraine. Danach stocken sie die eigenen Bestände mit den Panzern aus der Schweiz wieder auf. Eine Art Ringtausch also. Jetzt zeigt sich: Eine Sonderregel im Schweizer Waffenexportrecht könnte einen solchen Ringtausch vereinfachen.
Wie sieht diese Sonderregel aus? Der Bundesrat hat 2006 entschieden, dass Kriegsmaterial ohne Auflagen ans ursprüngliche Herkunftsland zurückverkauft werden kann. Gemäss dieser Sonderregel muss die Schweiz in einem solchen Fall keine Nicht-Wiederausfuhrerklärung verlangen. Das Herstellerland also kann zurückgekauftes Kriegsgerät frei weiter exportieren. Im Fall der Leopard-Panzer heisst das: Die Schweiz könnte diese an das deutsche Herstellerkonsortium KMW, wozu auch Rheinmetall gehört, zurückverkaufen. Rheinmetall wäre danach frei, die Panzer weiterzugeben. Theoretisch sogar an die Ukraine, realistischer aber eher an einen anderen europäischen Staat im Rahmen eines Ringtausches.
Kam die Sonderregel schon einmal zum Zug? Ja, und hier wird es interessant, auch Leopard-Panzer profitieren bereits davon. Und das ist erst wenige Monate her. Die Schweizer Armee hatte 2010 den Verkauf von 42 Leopard-2-Panzern an Rheinmetall bekannt gegeben. Letzten Frühsommer fragte Deutschland ausdrücklich wegen des Ukraine-Kriegs die Schweiz an, ob Rheinmetall diese Panzer weiter exportieren darf. Antwort des Verteidigungs-Departement VBS im Juni 2022: Ja!
Wohin gingen die früheren Schweizer Leopard-Panzer? Rheinmetall bestätigt jetzt gegenüber SRF erstmals, dass ein Teil der früheren Schweizer Panzer für einen Ukraine-Ringtausch verwendet worden ist. Konkreter wird der Konzern nicht. Bekannt sind solche Tausche mit Tschechien und der Slowakei: Beide Länder hatten eigene Panzer an die Ukraine abgegeben. Im Gegenzug belieferte sie Rheinmetall mit Leopard-Panzern. Die Schweiz hatte 2010 die 42 Leopard-Panzer übrigens unbewaffnet an Rheinmetall zurückverkauft.
Wie geht es weiter in der Schweizer Leopard-Debatte? In einem ersten Schritt muss das Parlament formell entscheiden, ob es einen Teil der Panzer aus der Schweizer Armee ausmustert. Schritt zwei wäre der Export – und hier könnte die Sonderregel greifen. Ein möglicher Endabnehmer wäre Polen, das Leopard-Panzer aus eigenen Beständen an die Ukraine abgeben will. Die Schweizer Panzer wären Ersatz für die eigenen Bestände. Polen wollte letztes Jahr bereits Schweizer Panzer. Die polnische Botschaft in Bern zeigt sich auf Anfrage von SRF immer noch interessiert. Man würde eine «solche Offerte in Erwägung ziehen», schreibt die diplomatische Vertretung.