Die Leute in der Schweiz wollen helfen – und zwar nicht nur mit Geld. In vielen Regionen bringen sie Kleider, Schlafsäcke oder Lebensmittel bei verschiedenen Sammelstellen vorbei. Die Solidarität ist so gross, dass sich die Hilfsgüter meterweise türmen, zusätzliche Lagerhallen gemietet werden müssen oder es gar zu einem Verkehrschaos kommt.
Die Leute bringen teilweise zu viel. Aber es kommt von ganzem Herzen.
Bei der ukrainischen Botschaft in Bern etwa werden seit Ende Februar Hilfsgüter gesammelt. Eine Frau bringt Katzenfutter, ein Mann Erste-Hilfe-Sets. «So kann ich wenigstens etwas helfen.»
Bitte keine Sommerkleider
Am meisten benötigt würden warme Kleidung und Schuhe, Verbände, lang haltbare Nahrungsmittel, Babynahrung, Hygieneprodukte oder Powerbanks, sagt der ursprünglich aus der Ukraine stammende Softwareentwickler Wladimir Malaschonok. Er hilft freiwillig mit, die Güter anzunehmen und zu sortieren. Eigentlich würden die Leute oft auch zu viel bringen: «Aber das kommt von ganzem Herzen.» Und man könne nicht nein sagen, wenn ein 3-jähriges Mädchen Spielzeug bringe, um die Kinder in der Ukraine zu trösten.
Was man aber nicht brauchen könne, sei Sommerkleidung. «Wir bekommen viele Kleider für den Sommer.» In der Ukraine sei es aber dafür zu kalt.
Kaum Platz in der ukrainischen Botschaft in Bern
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Bild 1 von 7. Unzählige Kisten und Säcke stapeln sich vor der ukrainischen Botschaft in Bern. Bildquelle: SRF/Elisa Häni.
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Bild 2 von 7. Die Leute würden teilweise auch zu viel bringen, aber es komme von Herzen, sagt der freiwillige Helfer Wladimir Malaschonok. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 7. «Man kann nicht nein sagen, wenn ein 3-jähriges Kind ein Spielzeug bringt und sagt: Gebt es den Kindern in der Ukraine, um sie zu trösten», sagt Malaschonok. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 7. Freiwillige Helfer sortieren und verladen gespendete Hilfsgüter in Schachteln und Säcken. Besonders gefragt seien warme Kleider, auch für Männer. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 7. Medikamente wie Insulin sind ebenso gefragt wie Babynahrung und allgemein Lebensmittel, die lange haltbar sind. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 7. Man solle die Spenden aus Platzgründen lieber nicht mehr zur Botschaft bringen, heisst es auf einer Notiz vor Ort. Bildquelle: SRF/Elisa Häni.
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Bild 7 von 7. Neben vielen Spenden werden bei der ukrainischen Botschaft auch Kerzen oder Blumen zum Gedenken der Opfer in der Ukraine gebracht. Bildquelle: SRF/Elisa Häni.
Der Platz rund um die Botschaft reicht aber nicht mehr aus, weshalb die Güter derzeit in einer Lagerhalle am Stadtrand von Bern gesammelt und für den Transport bereit gemacht werden. Am Mittwoch beispielsweise seien drei grössere Transporter nach Kiew losgefahren.
Besonders hoch ist der Ansturm derzeit auch in der Baselbieter Gemeinde Frenkendorf. In einem privaten Sportpark werden seit einigen Tagen Decken, Schlafsäcke, Kindernahrung, Windeln, Medikamente und Hygieneartikel gesammelt. Die Hilfsgüter sollen am Freitagabend per LKW an die polnisch-ukrainische Grenze gebracht werden.
Im Gebiet um die Sammelstelle kam es in den letzten Tagen zeitweise gar zu einem Verkehrschaos. Die Polizei musste einschreiten, um den Verkehr zu regeln. Organisiert hat die Aktion der 22-jährige Student Samuel Eichenberger. Unterstützt wird er von 200 Helferinnen und Helfern. «Es ist unglaublich. Das hätte ich nie erwartet.» Eichenberger erwartet, dass bis zu sieben Lastwagen gefüllt werden können.
Grosser Ansturm in Frenkendorf
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Bild 1 von 4. Im Swiss Mega Park in Frenkendorf (BL) findet eine grosse Sammelaktion statt. Über tausend Leute gaben bereits Kleider und sonstige Spenden ab. Bildquelle: SRF/Fabienne Nägeli.
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Bild 2 von 4. Der Ansturm ist so gross, dass nach einiger Zeit keine Kleider mehr angenommen wurden. Bildquelle: SRF/Fabienne Nägeli.
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Bild 3 von 4. Gesammelt werden die Hilfsgüter auch in der Turnhalle. Um sie vor Ort zu bringen, kam es zu Staus auf den Strassen. Bildquelle: SRF/Fabienne Nägeli.
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Bild 4 von 4. Die Spenden werden gesammelt, erlesen und verpackt. Bildquelle: SRF/Fabienne Nägeli.
Eichenberger arbeitet auch mit der ukrainischen Botschaft zusammen, damit sichergestellt wird, dass die Hilfsgüter auch in die Ukraine gelangen.
Gestoppt werden musste derweil die Annahme von Kleiderspenden, weil schlicht zu viel Ware zusammen kam. Überwältigt von der Hilfsbereitschaft ist auch der Frenkendörfer Gemeindepräsident Roger Gradl: «Es ist Wahnsinn, was hier abgeht.»
Zu wenig Verpackungsmaterial
In St. Gallen ging kurzfristig das Verpackungsmaterial für die Hilfsgüter aus, weil so viele Spenden gebracht wurden. «Und wir mussten Paletten dazukaufen», sagt Jörg Köhler, Leiter des Amtes für Militär und Zivilschutz. «Die Menge hat uns sehr überrascht.» 65 Tonnen Material seien schon unterwegs. Am Ende werden es aus St. Gallen rund 100 Tonnen sein. Dann sei aber Schluss, sagt Jörg Köhler. Das Ziel sei die schnelle Hilfe gewesen. «Jetzt können die etablierten Kanäle übernehmen.»
In St. Gallen hilft das Militär mit
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Bild 1 von 5. Das Amt für Militär und Zivilschutz des Kantons St. Gallen hat rasch begonnen, Material zu sammeln und zu sortieren. Bildquelle: SRF/David Lendi.
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Bild 2 von 5. «Unser Ziel ist es, so rasch wie möglich mit Hilfsgütern vor Ort zu sein», sagte Jörg Köhler, Leiter des Amtes für Militär und Zivilschutz des Kantons St. Gallen. Bildquelle: SRF/David Lendi.
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Bild 3 von 5. Feldbetten, Kochutensilien, Schutzhelme, Notfallapotheken, Kleider und Schuhe wurden schon geliefert. Bildquelle: SRF/David Lendi.
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Bild 4 von 5. Doch der Kanton hatte zwischenzeitlich zu wenig Verpackungsmaterial, um das viele Material zu verladen. Bildquelle: SRF/David Lendi.
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Bild 5 von 5. So mussten Paletten dazugekauft werden. Bildquelle: SRF/David Lendi.
Die Solidarität sei zwar schön und beeindruckend, sagt Katharina Schindler vom Schweizerischen Roten Kreuz. Es sei in anderen Fällen aber schon vorgekommen, dass sich vor Ort die Kisten in Lagerhäusern gestapelt hätten und liegen geblieben seien. Zudem sei der Transport teuer und kompliziert. «Geldspenden sind im Moment wirksamer und effizienter», sagt Elisabeth Karagiannis von Caritas.