- Geflüchtete aus der Ukraine, die in der Schweiz ankommen, können künftig nicht mehr in jedem Fall selbst wählen, in welchem Kanton sie untergebracht werden.
- Das Staatsekretariat für Migration (SEM) führt ab Montag eine neue Zuweisungspraxis ein.
- Dies weil seit Beginn des Kriegs einige Kantone weit mehr Flüchtlinge aufgenommen haben, als sie es aufgrund des Verteilschlüssels müssten.
Einige Kantone hätten 50 oder gar 100 Prozent mehr Menschen aufgenommen als sie auf Grund des Proporzes – entsprechend ihrer Einwohnerzahl – aufnehmen müssten, so David Keller, Leiter Krisenstab Asyl im Staatssekretariat für Migration (SEM), an der heutigen Medienkonferenz.
Auch einige Städte und Gemeinden seien stark belastet. Asylsuchende und auch Menschen mit S-Status könnten nicht frei wählen, wo sie wohnen wollten, betonte Keller. Es gelte, die Last auf alle zu verteilen und die Solidarität spielen zu lassen.
Mitglieder von Kernfamilien können zusammen bleiben
Ab Montag werde sich die Schweizerische Flüchtlingshilfe beim Vermitteln von privaten Unterkünften am Verteilproporz ausrichten. Gewisse Personen, also Mitglieder von Kernfamilien, würden aber entsprechend ihrer Bedürfnisse zusammengeführt. Auch Vulnerable, die in Gruppen kämen, sollten zusammenbleiben können. «Für alle anderen ist es grundsätzlich zumutbar, nicht nach ihren Wünschen zugeteilt zu werden», sagte Keller.
Und: «Je mehr der Verteilschlüssel verletzt wird, desto mehr müssen wir in diesen Fällen restriktiv sein.» Das gelte etwa für Verwandte und Bekannte im weiteren Kreis, etwa Geschwister, Onkel und Tanten. «Für sie gibt es keinen Anspruch.»
Das SEM wünsche sich eine Vereinbarung zwischen Privaten und Geflüchteten für eine Aufnahme während mindestens drei Monaten. «Dann sind die Chancen höher, dass sie berücksichtigt wird.» Für Kantonswechsel – auch da gingen zunehmend Gesuche ein – gelten laut Keller dieselben Bedingungen. Der betroffene Kanton müsse zustimmen und es müsse proportional aufgehen. Die Absicht der Kantone sei es auch, Wechsel zu bewilligen, wenn dies die Aufnahme einer Erwerbsarbeit erleichtere, etwa mit einem kürzeren Arbeitsweg.
Noch keine Zahlen zur Belastung der einzelnen Kantone
Zahlen zur Belastung der Kantone durch den Zuzug von Geflüchteten aus der Ukraine hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) noch nicht vorliegen. Stark belastet sind aber nicht nur städtisch geprägte Kantone. Sehr belastet seien städtische Kantone wie Basel, Bern, das Tessin und Zürich, namentlich die Stadt Zürich, sagte Gaby Szöllösy, Generalsekretärin der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK).
Stark belastet ist aber auch der kleine Kanton Appenzell Ausserrhoden, der Waisenkinder beherbergt. David Keller sicherte den Medienvertretern Zahlen zur Auslastung der Kantone für die kommende Woche zu.
Weniger stark belastet sei bisher hingegen ein Teil der Westschweizer Kantone. Der Grund sei technischer Natur, führte Keller aus. Die Romandie sei die grösste der sechs Asylregionen – 25 Prozent der Bevölkerung lebten dort. Weil nun aber in allen sechs Bundesasylzentren auf die Schnelle dieselben Aufnahmestrukturen geschaffen worden seien, seien in der Westschweiz anteilsmässig weniger Menschen aufgenommen worden als in den kleineren Asylregionen.
Derzeit treffen täglich rund 700 bis 800 Asylgesuche von geflüchteten Menschen beim SEM ein. Gut 43'000 Gesuche sind bisher eingegangen, gut 37'000 seien verarbeitet worden, so Keller. 31'500 Personen hätten mittlerweile den S-Status erhalten.