Darum geht es: Finnland und Schweden wollen ihr beitreten – und auch die Schweiz fasst eine Nato-Annäherung ins Auge. Dies hat der Bundesrat an seiner letzten Sitzung beschlossen. Seit Ausbruch des Kriegs in der Ukraine hat die Anziehungskraft des westlichen Verteidigungsbündnisses zugenommen. Doch wie vereinbar wäre dies mit der Schweizer Neutralität? Ein paar Eckpunkte.
Wie ist die Beziehung der Schweiz zur Nato geregelt? Die Schweiz ist nicht Mitglied der Nato und ein Beitritt steht derzeit nicht zur Debatte. Diese Entscheidung würde gemäss Bundesverfassung ohnehin dem obligatorischen Referendum unterstehen, das Stimmvolk müsste also darüber abstimmen. Unabhängig davon arbeitet die Schweiz durch die «Partnerschaft für den Frieden» seit 1996 mit der Nato zusammen. So sind etwa seit 1999 Schweizer Soldatinnen und Soldaten für die KFOR-Friedensmission im Kosovo im Einsatz. Die Schweiz nimmt auch an Übungen teil oder arbeitet in der Cyber-Abwehr mit der Nato zusammen. Ein Bündnisfall – also die Pflicht, einen Nato-Staat zu unterstützen, wenn dieser angegriffen würde – ist ausgeschlossen.
Welche Annäherungsschritte sind grundsätzlich möglich? Wer Teil der Nato werden will, muss sich vor allem den demokratischen Werten und der euro-atlantischen Sicherheit verschreiben. Schliesslich müssen alle Nato-Mitglieder dem Beitritt zustimmen. Dazwischen existiert die «Partnerschaft für den Frieden». Diese kann sehr flexibel ausgestaltet werden. Das zeigen etwa die Beispiele Finnland und Schweden. Die beiden skandinavischen Länder haben sich bereits vor dem Krieg in der Ukraine enger an die Nato gebunden. Schweden beteiligt sich beispielsweise an der «Nato Response Force», eine Eingreiftruppe, welche zu See, Land und Luft schnell eingesetzt werden kann. Der Euro-Atlantische Partnerschaftsrat dient derweil als politisches Konsultationsforum.
Wie lässt sich Neutralität mit der Nato vereinbaren? Hier gilt es, zwischen Neutralitätsrecht und Neutralitätspolitik zu unterscheiden. Für den erstgenannten Punkt sind die Haager Abkommen relevant, welche die Rechte und Pflichten eines neutralen Staats definieren. Wichtigste Pflichten sind die Nichtteilnahme an Kriegen und das Verbot, Truppen, Kriegsmaterial oder das eigene Territorium zur Verfügung zu stellen. Innerhalb dieses Rahmens kann sich ein neutraler Staat bewegen, also seine Neutralitätspolitik gestalten. Diese ist im Fall der Schweiz alles andere als in Stein gemeisselt (siehe Box).
Welche Schritte wären mit der Schweizer Neutralität unvereinbar? Grundsätzlich jede Annäherung, welche das Neutralitätsrecht bricht. Offensichtliches Beispiel ist die Mitgliedschaft. Würde in diesem Szenario der Bündnisfall eintreten, wäre die Schweiz verpflichtet, militärische Unterstützung zu leisten. Doch es bestehen durchaus Möglichkeiten, näher an die Nato zu rücken, ohne die Neutralität zu ritzen, wie der wissenschaftliche Think-Tank Avenir Suisse beispielsweise schreibt. Dieser Ansicht ist auch der Bund. Gemäss einem Bericht des Aussendepartements soll die Schweiz bald auch mitmachen können, wenn die Nato den Bündnisfall übt. Diese Schlussfolgerung fügt sich ins Gesamtbild, immerhin sind die US-Kampfjets F-35, welche die Schweiz beschaffen will, auf eine Verteidigung im Verbund ausgelegt.