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Qualität am Kantonsspital St. Gallen: Die Meinungen gehen auseinander
Aus Regionaljournal Ostschweiz vom 20.06.2024. Bild: Keystone/Gaetan Bally
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Kritik an Spital Qualität im Spital: Wem soll man als Patient glauben?

Ein Spital wird kritisiert und hält dagegen. Wer hat recht? Das Kantonsspital St. Gallen als Beispiel.

Die Situation schweizweit: Verschiedene Spitäler in der Schweiz stehen unter Spardruck. Wenn die Spitäler Massnahmen ergreifen – zum Beispiel, indem sie Stellen abbauen – kommt oft die Frage auf, ob die Qualität darunter leidet. Zudem kritisiert das Pflege­personal seit langem die Arbeits­bedingungen. Auch hier geht es um die Frage: Stimmt die Qualität der Spitäler noch?

Die Vorgeschichte in St. Gallen: Auch die Spitäler im Kanton St. Gallen kämpfen mit den Finanzen. Im Herbst 2023 gaben sie bekannt, dass über 400 Stellen abgebaut werden müssten. So viele waren es am Schluss nicht: 117 Mitarbeitende erhielten die Kündigung. Daneben wurden Pensen reduziert, Stellen nicht wiederbesetzt und Mitarbeitende frühpensioniert. Seither wird immer wieder Kritik laut. Auch beim grössten Spital der Ostschweiz, dem Kantonsspital St. Gallen (KSSG).

Demonstrationszug mit Transparenten in St. Galler Innenstadt
Legende: In St. Gallen kam es zu mehreren Kundgebungen, als der Stellenabbau bekannt wurde. Keystone/Gian Ehrenzeller

Die Kritik: Kritik gibt es vor allem aus der Pflege. Ehemalige und aktuelle Mitarbeitende des KSSG äussern gegenüber SRF Bedenken. Zudem erscheinen regelmässig Leserbriefe. Es ist von einer grossen Unzufriedenheit unter den Angestellten die Rede und von schwierigen Situationen in der Pflege. Die Arbeits­belastung sei extrem hoch. Auch die Schweizerische Patienten­organisation SPO spricht von einer Zunahme der Rückmeldungen, die das KSSG betreffen.

Die Antwort des Spitals: Das KSSG sieht es anders. Die Qualität des Spitals – mit seinen über 6000 Mitarbeitenden – sei hoch. Einige Stationen hätten zwar eine hohe Fluktuation bei den Mitarbeitenden, andere jedoch nicht. CEO Stefan Lichtensteiger: «Insgesamt ist die Stimmung nicht so negativ, wie sie in der Presse dargestellt wird.»

Auf diese Zahlen stützt sich das Spital

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Das KSSG beruft sich auf verschiedene Daten, um seine Sicht zu unterstreichen. Dazu gehören diese:

  • Kündigungen: Seit Anfang Jahr hätten 195 Mitarbeitende aus der Pflege von sich aus gekündigt. Letztes Jahr – also vor dem Abbau – seien es im gleichen Zeitraum aber ebenfalls 181 gewesen.
  • Qualität: Im internen Meldesystem für kritische Ereignisse (die keinen Schaden zur Folge hatten, bei denen jedoch die Patientensicherheit gefährdet war) gebe es im Vergleich der Jahre 2023 und 2024 keine Zunahme der Ereignisse, sogar eher eine leichte Abnahme.
  • Zufriedenheit: Die Auswertungen zur Patientenzufriedenheit (Fragebogen beim Spitalaustritt) zeigen laut dem Spital eine hohe Zufriedenheit.

Die Skepsis gegenüber den Zahlen: Die Argumente des Spitals überzeugen die Geschäfts­führerin der Patienten­organisation SPO, Susanne Gedamke, nicht. Sie macht zum Beispiel ein Fragezeichen hinter die Fragebogen zur Patienten­zufriedenheit, weil nicht klar sei, wie diese Zufriedenheit gemessen werde. Und sie lenkt die Aufmerksamkeit nochmals auf das Personal: «Ich finde es schon wichtig, die Personal­situation realistisch anzuschauen. Aus meiner Sicht sind die Missstände da und müssten auch transparent thematisiert werden.»

Wer hat recht? Ein Gesundheitsökonom ordnet ein

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Legende: Simon Wieser ist Leiter des Winterthurer Instituts für Gesundheitsökonomie an der ZHAW. zvg

SRF: Das sind sehr unterschiedliche Einschätzungen. Wem soll man als Patient glauben?

Simon Wieser: Von aussen kann man das wirklich nicht beurteilen. Ich denke, es ist eine Verunsicherung für die Patienten, wenn man hier so unterschiedliche Aussagen hat. Natürlich hat das Personal Einblick, wie gut es im Moment arbeiten kann und ob es unter starkem Zeitdruck steht. Das hat sicher Einfluss auf die Qualität. Aber eben: Von aussen lässt sich das wirklich nicht beurteilen.

Gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem Druck und der Qualität der Versorgung in einem Spital?

Studien sind mir dazu nicht bekannt. Es ist aber einerseits sicher nicht hilfreich, wenn starker wirtschaftlicher Druck besteht, weil das Personal dadurch belastet wird und vielleicht unter Stress mehr Fehler macht.

Andererseits könnte man es auch positiv sehen, wenn sich ein Spital anstrengen muss, die Qualität zu verbessern. Denn das Spital ist darauf angewiesen, dass die Patienten ins Spital kommen und dass sie von den Ärtztinnen überwiesen werden. Der Druck könnte also auch Anreiz sein, die Qualität zu verbessern.

Gibt es Faktoren, die mir als Patientin zeigen, ob die Qualität eines Spitals gut ist?

Es gibt viele Qualitätsindikatoren im Internet. Auch auf der Webseite des Bundesamtes für Gesundheit oder des Nationalen Vereins für Qualitätsentwicklung in Spitälern gibt es Informationen. Aber die sind für Patientinnen und Patienten schwierig zu interpretieren – auch ich habe Mühe, diese zu interpretieren.

Bei einem Eingriff wäre für mich das wichtigste Qualitätsmerkmal, wie oft dieser Eingriff in einem Spital gemacht wird. Wenn wir eine hohe Fallzahl haben, spricht das eher dafür, dass dieses Spital ein gutes Team hat, das geübt ist in diesem Eingriff. Wenn der Eingriff nur selten gemacht wurde, spricht das eher dagegen.

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Regionaljournal Ostschweiz, 20.6.2024, 17:30 Uhr ; 

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