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Kulturelle Aneignung Linke Berner Beiz steht wegen Rassendiskriminierung vor Gericht

Das linksalternative Szenelokal Brasserie Lorraine kämpft gegen eine Busse. Angezeigt wurde es von der Jungen SVP.

Worum geht es? Das linksalternative Szenelokal Brasserie Lorraine kämpft seit Montag vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland gegen eine Busse wegen Rassendiskriminierung. Angezeigt wurde das Lokal von der Jungen SVP.

Was ist passiert? Im Juli 2022 spielte die Berner Reggae-Band Lauwarm in der Brasserie Lorraine. Mehrere Gäste störten sich jedoch an der afrikanischen Kleidung und den Rastalocken der weissen Bandmitglieder. Sie empfanden diese als kulturelle Aneignung und äusserten ihr Unwohlsein bei den Betreibenden des Lokals. Daraufhin wurde das Konzert abgebrochen.

Wie lauten die Vorwürfe? Laut Strafbefehl kam die Staatsanwaltschaft zum Schluss, die Menschenwürde sei verletzt worden. Und zwar, indem die Brasserie «hellhäutigen Personengruppen nur einen beschränkten Anspruch auf ihre sozialen und kulturellen Menschenrechte zugebilligt» habe. Ausserdem wirft die Staatsanwaltschaft der Brasserie vor, sie habe die Aufklärung der Straftat behindert, weil sie zu den Vorwürfen geschwiegen habe. Das Lokal wurde schliesslich von der Staatsanwaltschaft zu einer Busse von 3000 Franken verurteilt. Den Vorwurf der Rassendiskriminierung wollte das linksalternative Lokal allerdings nicht auf sich sitzen lassen und legte Einspruch ein. Deshalb wird der Fall nun vor Gericht verhandelt.

Vier Musiker jubeln auf der Bühne dem Publikum zu.
Legende: Die Berner Reggae-Band Lauwarm musste im Sommer 2022 in der Brasserie Lorraine ein Konzert abbrechen. Lauwarm

Was sagen die Beteiligten? Der Sänger der Band Lauwarm sagte am Montag vor dem Regionalgericht, seine Band hätte an diesem Abend gerne weitergespielt. Sie hätten den Entscheid, ob das Konzert abgebrochen werden solle oder nicht, schliesslich den Veranstaltern überlassen. Alle sechs vom Gericht befragten Auskunftspersonen aus dem Umfeld der Genossenschaftsbeiz verweigerten die Aussage.

Was fordert die Staatsanwaltschaft? Sie bleibt bei der Forderung einer Busse von 3000 Franken wegen Rassendiskriminierung. Der Staatsanwalt sieht aber auch «keine tiefgreifende, böse Absicht» bei den Mitgliedern der Brasserie Lorraine. Er erklärte, dass die Beiz schlussendlich Leidtragende des Aufruhrs rund um das Ereignis geworden sei. Hingegen warf er den Mitgliedern der Genossenschaftsbeiz vor, sie hätten sich bei den Ermittlungen nicht kooperativ verhalten. Die Auskunftsverweigerung sei zwar zulässig gewesen, habe aber die Aufklärung der Tat verhindert. Der Staatsanwalt wehrte sich auch gegen die Aussage der Verteidigung, mit dem Verfahren zum Gehilfen der Jungen SVP geworden zu sein.

Was fordert die Verteidigung? Die Verteidigung fordert einen Freispruch. Der Konzertabbruch sei vom Kollektiv gemeinsam mit der Band gefällt worden. Zudem sei es nicht im Interesse der Genossenschaftsbeiz, Menschen zu diskreditieren. Der Verteidiger kritisierte hingegen die aus seiner Sicht ungenügenden Ermittlungen. Ausserdem habe er den Eindruck, der Strafbefehl gegen die Genossenschaftsbeiz habe eine «klare politische Komponente».

Was sagen die Mitglieder der Kollektivbeiz? Ein Vertreter der Brasserie Lorraine entschuldigte sich am Montag erstmals für das Geschehene. «Wir hatten an diesem Tag das Konzert aus einem uns legitim erscheinenden Grund abgebrochen, es war nicht unsere Absicht, so viele Leute damit wütend zu machen.» Es sei klar, dass es eine Aufarbeitung der Geschichte brauche, was bis jetzt nicht möglich gewesen sei. Doch der Prozess sei der falsche Ort dafür.

Wie geht es weiter? Das Urteil wird am 17. Februar verkündet.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 10.2.2025, 12:03 Uhr ; 

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