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Kunststoff in der Umwelt Wie gravierend ist das Plastikproblem in der Schweiz?

Worum geht es? Es fällt kaum auf, und doch ist es überall: Plastik. Jährlich landen in der Schweiz 14'000 Tonnen Makro- und Mikroplastik in der Umwelt. Zu diesem Schluss kommt die Meeresschutzorganisation Oceancare in ihrem Bericht PlasticMatters und spricht von einer «Plastikkrise» in der Schweiz.

Feiner Mikroplastik in blauen und orangenen Farben liegen auf den Fingern einer Hand.
Legende: So klein, dass man es kaum sieht: Mikroplastik sind Kunststoffteile, die zwischen 0.1 und fünf Millimeter gross sind. Kunststoffabfälle, die grösser als fünf Millimeter sind, werden als Makroplastik bezeichnet. Keystone/ GEORG HOCHMUTH

Doch steht die Schweiz wirklich so schlecht da? SRF hat Experten zum Thema befragt.

Wie gross ist das Problem von Mikrogummi von Reifen? Reifenabrieb ist die grösste Ursache von Mikroplastik in der Umwelt. Jährlich landen über 13'500 Tonnen Reifenabrieb auf den Schweizer Strassen. Davon gelangen 5500 Tonnen in die Böden und rund 3400 Tonnen, die nicht durch Entwässerungssystemen zurückgehalten werden, in Flüsse und Seen.

Video
Archiv: Umweltschützer fordern Massnahmen gegen Plastikmüll
Aus Tagesschau vom 09.01.2023.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 47 Sekunden.

Dabei sei nicht das Gummi an sich, welches in die Umwelt gelangt, das Problem, sagt Bernd Nowack, Umweltwissenschaftler an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa). «Viel schädlicher sind die verschiedenen Chemikalien, wie zum Beispiel Oxidationsschutzmittel, die durch den Abrieb in die Umwelt gelangen.»

Wie schädlich diese Chemikalien für die Umwelt und die Gesundheit von Lebewesen sind, sei bis jetzt wenig erforscht. Doch: «Immer mehr Reifenhersteller sind darauf sensibilisiert und beziehen das Problem des Reifenabriebs und der giftigen Chemikalien in die Herstellung des Pneus mit ein», sagt Nowack.

Wie lange bleibt Plastik in der Umwelt?

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Plastik wird in der Umwelt nur sehr langsam abgebaut und verbleibt dort entsprechend über lange Zeiträume. Durch Sonnenlicht und mechanische Beanspruchung wie Transport zerkleinern sich die Plastikstücke zwar, aber der vollständige Abbau verläuft sehr langsam – mitunter über mehrere hundert Jahre.

Wie viel wildes Plastik landet in der Umwelt? Littering – das achtlose Wegwerfen von Plastiksäcken und Verpackungen – ist die zweite Hauptursache, weshalb Plastik in der Natur landet. Laut einer Studie von Empa landen jährlich 18'500 Tonnen Plastik in der Umwelt. Die Empa schätzt, dass davon schliesslich 2700 Tonnen in Schweizer Böden und Gewässer gelangen.

Wie sieht das Plastikproblem in den Gewässern aus? In allen untersuchten Flüssen und Seen wurde Makro- und Mikroplastik gefunden. Eine Modellberechnung der sieben meistverwendeten Kunststoffarten in der Schweiz schätzt den jährlichen Eintrag von Makroplastik in Schweizer Gewässern auf rund 110 Tonnen und von Mikroplastik auf rund 15 Tonnen.

Ein Glas mit Wasser und Plastik.
Legende: Auch wenn die Schweizer Gewässer als sauber gelten, weisen sie jährlich Tonnen von Plastik auf. Reuters/ Eric Gaillard

Doch geht die Forschung von viel mehr Mikroplastik in Gewässern aus, sagt Matthias Egger, Umweltwissenschaftler der Umweltberatungsfirma Egger Research and Consulting GmbH. «Kleine Mikroplastikartikel unter 0.3 Millimeter sind schwierig zu messen. Deshalb nehmen wir an, dass noch viel mehr davon in Gewässern vorkommen.»

Laut einer aktuellen Studie, in der 67 europäische Seen untersucht wurden, weisen Schweizer Seen im Durchschnitt aber gleich viele Mikroplastikpartikel auf wie die übrigen Gewässer in Europa.

Wie schädlich ist Plastik für die Gesundheit?

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Legende: Mikroplastik wurde schon vermehrt in Fischen nachgewiesen. Keystone/CHAMILA KARUNARATHNE

Mikro- und Makroplastik können möglicherweise Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und Tieren haben. Bis heute wurde zu dieser Problematik aber noch wenig geforscht. Bekannt ist, dass der Verdauungstrakt von Tieren durch Makroplastik verletzt wurde und sich Tiere in den Weltmeeren in Fischernetzen und Plastiksäcken verheddern.

Ob aber Mikroplastik für Tiere schädlich ist, dazu gibt es wenige Forschungsergebnisse. Allerdings wurde in Studien nachgewiesen, dass Regenwürmer und Fische sich nach der Aufnahme von Mikroplastik weniger fortgepflanzt haben. Es gibt auch Hinweise, dass Fische Mikroplastik nach der Aufnahme wieder ausgeschieden haben. Forscher der University of Washington fanden zudem heraus, dass Chemikalien, die vom Reifenabrieb freigesetzt wurden, für ein regelmässiges Lachssterben an der Pazifikküste verantwortlich waren.

Wie schädlich Mikroplastik für den Menschen sein kann, dazu ist noch sehr wenig bekannt. Grundsätzlich wären Effekte in der Lunge, im Darm oder auch bei anderen Organen möglich. Die beobachteten Effekte aus Tierexperimenten, wie beispielsweise Darmentzündungen bei Mäusen, geben Hinweise zu möglichen Effekten beim Menschen. Ob diese Auswirkungen beim Menschen aber gleich sind, ist nicht bekannt.

Mehr Informationen unter: Kunststoffe in der Umwelt – Bericht des Bundesrates

Gibt es ein Mikroplastikproblem im Abwasser? Nein, sagt Ralf Kägi, Leiter des Partikellabors des Wasserforschungsinstitut Eawag. Er untersucht Mikroplastik in Abwassersystemen. «Im Einklang mit anderen internationalen Studien zeigt sich, dass Mikroplastik in modernen Kläranlagen effizient zu 95 bis 99 Prozent herausgenommen wird.» Danach landet das Mikroplastik mit den anderen Feststoffen im Klärschlamm, der in der Schweiz verbrannt wird.

Wie sieht die Entsorgung von Plastik aus? In der Schweiz entstehen laut dem Bundesamt für Umwelt (Bafu) jährlich rund 790'000 Tonnen Kunststoffabfälle. Davon werden über 80 Prozent (660'000 Tonnen) in Kehrichtverbrennungsanlagen und gut zwei Prozent in Zementwerken verbrannt und daraus Energie gewonnen. Rund 70'000 Tonnen werden rezykliert und weitere 50'000 Tonnen zur Wiederverwendung in der Schweiz exportiert.

SRF 4 News, 09.01.2023, 07:00 Uhr

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