Innert zehn Minuten zur Arbeit kommen, die Praxis der Ärztin erreichen, einkaufen, Sport treiben oder die Kinder abholen. Das ist das Konzept der Stadt der kurzen Wege. Sie soll aus Nachbarschaften bestehen, in denen alles in wenig Zeit erreichbar ist – ohne das Auto benutzen zu müssen.
Zu einer solchen Stadt soll Basel werden. Das Kantonsparlament hat einem Vorstoss des LDP-Politikers Michael Hug zugestimmt, der ein Konzept dazu fordert.
Abends sind einige Quartiere fast ausgestorben.
Die Basler Regierung muss sich nun überlegen, wie sie ihre Planungsinstrumente anpassen muss, damit Basel zu einer Stadt der kurzen Wege werden kann. «Wenn Menschen nahe von ihrem Arbeitsort wohnen, gehen sie zu Fuss oder mit dem Velo hin, nicht mit dem Auto», argumentiert Hug. Das sei gut für den Klimaschutz und helfe gegen die Zersiedelung.
Wichtig sei, dass das Verhältnis zwischen der Anzahl von Arbeitsplätzen und Wohnungen in einem Quartier stimme. «Vor allem abends merkt man, dass es an einigen Orten von Basel ein Missverhältnis gibt», so Hug. «Dann sind die Quartiere mit vielen Arbeitsplätzen und wenigen Wohnungen fast ausgestorben.»
Beispiele für solche Quartiere gebe es in Basel einige. Hug nennt den Messeplatz, das Laden- und Ausgangsviertel Steinenvorstadt oder das Wettsteinquartier. In Letzterem baute der Pharmakonzern Roche in den vergangenen Jahren zwei grosse Bürotürme mit insgesamt etwa 5000 Arbeitsplätzen.
Vier bis fünf Wohntürme pro Büroturm
Das Wettsteinquartier funktioniere nicht besonders gut, sagt auch Raumplanerin Sibylle Wälty von der ETH Zürich. «Wird ein Büroturm gebaut, müssten eigentlich vier bis fünf Wohntürme folgen.» Innerhalb von einem Radius von 500 Metern sollten Wohnungen für 10'000 Menschen und 5000 Arbeitsplätze sein, damit alles optimal funktioniere, so Wältys Konzept.
Wälty ist nicht die einzige, die sich mit der Idee der Stadt der kurzen Wege beschäftigt. International vorangetrieben hatte sie Carlos Moreno. Er ist Professor an der Universität Sorbonne in Paris. Sein Konzept entwickelte er für grössere Städte – zum Beispiel für Paris, mit seinen über zwei Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Moreno schrieb auch Bücher über die «15-Minuten-Stadt», wie er sie nennt.
Die Idee kommt in vielen Ländern gut an. Beispiele sind neben der französischen Stadt Paris, Norwegens grösste Stadt Oslo (gut 700'000 Einwohnerinnen und Einwohner) oder die belgische Stadt Gent (knapp 250'000). Aber auch die dänische Hauptstadt Kopenhagen (650'000) orientiert sich an der Idee der kurzen Wege.
15 Minuten in der Welt, 10 Minuten in der Schweiz
Das Prinzip sei auch für das deutlich kleinere Basel interessant, wo lediglich etwa 200'000 Menschen leben, glaubt Hug. Er orientiert sich dabei am Konzept von Wälty, die die 10-Minuten-Stadt propagiert. Moreno hingegen redet stets von der 15-Minuten-Stadt.
«Wir haben in Basel grosse Industriebrachen, auf welchen neue Quartiere entstehen.» Hug nennt dabei unter anderem das Klybeckareal. Dort soll in den kommenden Jahren ein neues Quartier entstehen – mit Wohnungen, Arbeitsplätzen, Schulen, Bars, Einkaufsmöglichkeiten und Erholungszonen.
Für dieses neue Quartier soll die Planung so an die Hand genommen werden, dass etwas möglichst Gutes entsteht, sagt Hug. Welche neuen Planungsinstrumente es dafür braucht, muss die Regierung nun erarbeiten.