Das Kuhglocken-Geläut raubte ihnen den Schlaf. In der Berner Gemeinde Aarwangen wehrten sich Anwohner mit Einsprachen gegen das nächtliche Gebimmel. Daraufhin wurde eine Glockeninitiative lanciert und von über 1000 Personen unterschrieben.
Aarwangen solle sich zum Glockengeläut als Brauchtum bekennen. Neben den Kirchenglocken sollten auch Kuhglocken künftig von Neuzuzügern als historische Tradition anerkannt werden. «Die Glocken sind Teil der Schweizer DNA», sagt Andreas Baumann, Initiant der Glockeninitiative. «Es geht um unser Brauchtum, das wir hier bewahren wollen.»
An der kommenden Gemeindeversammlung vom 17. Juni stimmt die Bevölkerung über ein entsprechendes Reglement ab. Ob das nächtliche Gebimmel trotzdem aufhören muss, wird das Gericht entscheiden müssen.
Kritik von Tierschützern
Knatsch um Kuhglocken gibt es immer wieder. Neben Anwohnerinnen und Anwohnern stören sich immer wieder auch Tierschützer an den Glocken auf der Kuhweide. Zu laut und zu schwer seien die Glocken. Samuel Büechi, Präsident der Interessensgemeinschaft «Stiller» findet: «Eine Glocke, die schwerer ist als ein Promille des Gewichts des Tiers, ist zu gross, ist Tierquälerei.»
Landwirte widersprechen, ihre Kühe seien im Gegenteil stolz auf ihre Glocken. Eine Studie der ETH kam 2014 zum Schluss, grosse Glocken könnten das Verhalten von Milchkühen tatsächlich geringfügig verändern, doch für klarere Aussagen brauche es mehr Forschung. Die gibt es bis heute allerdings nicht.
Nützlich oder unnötiger Lärm?
Für den Appenzeller Landwirt Ueli Götti sind die Glocken allerdings nicht nur unschädlich und eine alte Tradition, sondern haben eine wichtige Funktion: «Ganz sicher jedenfalls im Alpengebiet. Du hörst, wo sich das Vieh aufhält, wenn es stockdunkel ist und Nebel hat.»
Glockengegner Samuel Büechi entgegnet, dieses Alarmsystem sei nichts wert: «Stellen Sie sich vor, man würde bei den Autos dauernd Sirenen gegen Einbruch hören. Das wäre eine Katastrophe. Genau so ein System sind diese Kuhglocken.»
Für die Ortung der Kühe gibt es schon lange Alternativen: sogenannte Tracker. Gian Peter Niggli, Landwirt und Gemeindepräsident von Samedan, setzt sie seit drei Jahren bei einigen seiner Kühe ein. Trotzdem will er nicht ganz auf Glocken verzichten.
Kleine und leichte Kuhglocken belasteten die Tiere nicht, und trotzdem höre man sie. Das sei wichtig für Tourismus und Marketing, sagt Gian Peter Niggli: «Das gehört zur Tradition. Aber nötig ist es nicht mehr, weil wir es hier durch Technik ersetzen können.»