Willentlich oder nicht – die von Michael Lauber unterschlagenen informellen Treffen mit Fifa-Präsident Gianni Infantino werden für den Bundesanwalt zum Stresstest. Die Aufsichtsbehörde der Bundesanwaltschaft leitete am Freitag ein Verfahren ein, um mögliche Amtspflichtverletzungen Laubers im Fall Fifa zu untersuchen.
Zusätzlich gefährden mehrere Ausstandsbegehren die Fifa-Untersuchung – auf dem Spiel steht nicht weniger als Laubers Glaubwürdigkeit und damit auch seine Wiederwahl als Bundesanwalt im Juni.
Frontaler Angriff
An einer Medienkonferenz holte der angeschlagene Bundesanwalt zum Gegenangriff aus: Die Disziplinaruntersuchung sei ein Angriff auf die Unabhängigkeit der Bundesanwaltschaft, prangerte er an. Er sprach sogar von einer «institutionellen Krise». Der Bundesanwalt warf der Aufsichtsbehörde darüberhinaus vor, dass sie nicht von einer Vertrauensbeziehung ausgehe.
Betreibt Lauber eine legitime Verteidigungsstrategie oder geht er mit seinem Gegenangriff zu weit? Strafrechtsprofessor Mark Pieth hält den medienwirksame Auftritt des Bundesanwalts für problematisch. «Ich habe Mühe damit, dass ein Behördenchef in einem offiziellen Raum eine Medienkonferenz gegen seine Aufsichtsbehörde gibt – und die Behörde kritisiert, jetzt da ihm eine Untersuchung ins Haus steht.»
Es gebe nur eine Antwort, wenn man in diesem Amt sei und die heisse bis zum Ende der Untersuchung «no comment», ist Pieth überzeugt. Die Bevölkerung müsse sicher sein, dass es eine Instanz wie die Bundesanwaltschaft ganz seriös beaufsichtigt werde, so der Strafrechtsprofessor weiter.
Verständnis für Lauber
Der ehemalige Tessiner Staatsanwalt Paolo Bernasconi dagegen rechtfertigt den Auftritt des Bundesanwalts. Bei Lauber sei ganz klar eine neue Strategie im Umgang mit wichtigen Funktionen der Bundesanwaltschaft zu erkennen – insbesondere in den Bereichen Terrorismus, Korruption, Geldwäscherei oder Spionageabwehr. «Und wer, wenn nicht der Chef der Bundesanwaltschaft muss seine Behörde verteidigen.»
Der Druck auf Lauber dürfte nicht geringer werden. In der Sommersession steht die Wiederwahl des Bundesanwalts für die dritte Amtszeit an. Nächste Woche entscheidet die Gerichtskommission des Parlaments, ob sie den Bundesanwalt zur Wiederwahl empfiehlt. Das Disziplinarverfahren könnte nun aber die Wahl verzögern und den Wahlausgang entscheidend beeinflussen.