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Lawinenopfer abseits der Piste Warum Altschnee zu mehr Lawinenunfällen führt

In einigen Alpenregionen gibt es derzeit das sogenannte Altschneeproblem. Weshalb dieses so tückisch ist, erklärt ein Experte.

Darum geht es: Zwei niederländische Skitourengänger sind vergangenen Donnerstag am Sertigpass in Davos von einer Lawine verschüttet worden. Die beiden Männer im Alter von 31 und 35 Jahren konnten nur noch tot geborgen werden. Damit sind in dieser Wintersaison inzwischen sieben Menschen durch Lawinen ums Leben gekommen. Die Unfallzahlen seien nicht aussergewöhnlich und lägen ungefähr im Durchschnitt der letzten Jahre, sagt Benjamin Zweifel vom WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF). Allerdings gebe es derzeit in einigen Alpenregionen das sogenannte Altschneeproblem. Dieses sei sehr tückisch und selbst für die besten Expertinnen und Experten schwer zu erkennen.

Das Problem mit dem Altschnee: Die Schneedecke bestehe, wie ein Sandwich, aus verschiedenen Schichten, sagt Zweifel. «Von einem Altschneeproblem sprechen wir, wenn schwache Schichten tief in der Altschneedecke vorkommen – teilweise sogar an der Basis der Schneedecke.» Diese Schichten seien im Frühwinter entstanden und als Skifahrer könne man auf diesen alten Schichten nach wie vor Lawinen auslösen, so Zweifel. «Das Schwierige ist, dass man diese Gefahrenstellen von der Schneeoberfläche aus nicht erkennen kann. Sie sind verborgen, tief im Schnee, und es gibt keine Anzeichen für diese Gefahrenstellen.»

Tipps für risikofreie Tage im Schnee

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Das WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) empfiehlt Skitourengängerinnen und Freeridern, sich vor einem geplanten Ausflug gut zu informieren und folgende Fragen zu klären:

  • Wie sind die Verhältnisse?
  • Wie hoch ist die Lawinengefahr?
  • Kann man die geplante Tour bei diesen Verhältnissen durchgeführt werden?

Wer sich nicht zutraut, diese Fragen selbst zu beurteilen, dem empfiehlt Zweifel, sich einer geführten Gruppe beziehungsweise einem Bergführer anzuschliessen. Damit würde sich das Risiko stark reduizieren lassen.

So könnten sich die Schneeverhältnisse verbessern: Das Altschneeproblem könnte sich durch Witterungseinflüsse verbessern, so Zweifel. «Eine Möglichkeit wäre, dass es viel Schnee darüber gibt. Dann sind diese Schichten zwar immer noch da, aber irgendwann so tief im Schnee verborgen, dass man als Skifahrer keine Kraftauswirkung mehr auf diese Schwachschichten hat und somit auch kaum mehr Lawinen auslösen kann.» Viel Schnee wäre kurzfristig gefährlich, langfristig aber gut für diese Schneedecke. «Eine andere Möglichkeit ist, dass sich der Schnee durch erhöhte Temperaturen erwärmt und die oberen Schneeschichten immer wieder tauen und gefrieren, dann können wir auch eine Stabilisierung für dieses Altschneeproblem sehen.»

Person fährt Ski auf verschneitem Hang vor Gletschereis.
Legende: Das Altschneeproblem sei selbst für die besten Experten schwer zu erkennen, sagt Zweifel. KEYSTONE/Arno Balzarini

Die Unfallzahlen und Verhältnisse in dieser Saison: Die Unfallzahlen, mit den sieben Todesopfern per Ende Januar, würden im Durchschnitt liegen, so Zweifel. Auch der Winter sei relativ durchschnittlich. Es gebe aber zwei Gebiete, die man klar unterscheiden müsse, sagt Zweifel. «Wir haben im Süden Richtung südliches Wallis, in Graubünden und auch Richtung Tessin ein ausgeprägtes Altschneeproblem, was die Situation schwierig macht.» Dort würde die Gefahr nur sehr langsam abnehmen. «Im Norden haben wir eine wesentlich bessere Schneedecke. Dort stabilisiert sich die Situation im Moment recht gut und wir haben günstige Verhältnisse.»

Die Opferzahlen saisonübergreifend: Pro Jahr gebe es durchschnittlich 22 Lawinenopfer, sagt Zweifel. Diese Zahl sei in den letzten 20, 30 Jahren mehr oder weniger stabil geblieben. «Das interpretieren wir grundsätzlich als eher positiv, weil wir wissen, dass immer mehr Leute Aktivitäten wie Skitouren oder Freeriding machen», sagt Zweifel. Natürlich gebe es jährlich grosse Schwankungen. Diese würden aber vom Winter und den Schneedeckenverhältnissen abhängen, so Zweifel. «Die konstanten Unfallzahlen zeigen, dass viele Leute oft die richtige Entscheidung treffen und ihre Touren gut planen.»

SRF 4 News, 04.02.2025, 11:33 Uhr ; 

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