Aus der Ankündigung der Ampelkoalition, Cannabis weitgehend zu legalisieren, wird nichts. Im heute vorgestellten über 180 Seiten langen ersten Teil des Gesetzesentwurfs ist nur eine kleine Öffnung vorgesehen. In der Schweiz sind zurzeit fünf mehrjährige Versuche im Gang, die den weiteren Weg mit Cannabis ausloten sollen.
Was plante die Ampelkoalition ursprünglich?
Im Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Grünen war das Ziel wie folgt formuliert: Die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften. Doch nun soll nur der Besitz von 25 Gramm Cannabis für Erwachsene straffrei werden. Erlaubt wird der Anbau von bis zu drei Cannabis-Pflanzen zum Eigengebrauch. Statt eines legalen Verkaufs und Handels sollen sich Anbauvereinigungen für die Abgabe von Cannabis an ihre Mitglieder gründen.
Warum buchstabiert die Regierung zurück?
Die Regierung versucht einen Mittelweg zwischen umfassender Legalisierung und Verbot. Gesundheitsminister Karl Lauterbach wertet die Kritik von Befürwortern und Gegnern als positives Zeichen und gibt dem Gesetzesentwurf im Bundestag gute Chancen. Die begrenzte Freigabe soll verhindern, dass der Konsum zunimmt wie etwa in Holland oder Kalifornien. Die Regeln sind sehr detailliert: So darf etwa in einer Fussgängerzone oder in einem Park zwischen 7 und 20 Uhr überhaupt nicht geraucht werden. Von Schulen, Kitas und anderen Jugendeinrichtungen müssen 200 Meter Abstand eingehalten werden.
Was steht bei der deutschen Lösung im Zentrum?
Im Vordergrund steht neben der Entkriminalisierung des Privatkonsums der Kinder- und Jugendschutz. Eine Kampagne soll dem letzten heranwachsenden Kiffer klarmachen, dass sein Hirn im Wachstum durch Cannabis nachhaltig geschädigt werden kann. Auch die Eltern sollen erfahren, dass die hochpotenzierten Stoffe in den heutigen Tüten nichts mehr mit den Joints zu tun haben, die sich vielleicht vor 30 Jahren selber rauchten.
Wie funktionieren die Anbauvereine?
Wer in Deutschland legal kiffen will, muss Mitglied in einer Art Cannabis Social Club sein. Ähnlich wie in einer Genossenschaft, wo man als zahlendes Mitglied monatlich 50 Gramm Cannabis beziehen kann. Für unter 21-Jährige sind es nur 30 Gramm. Die Klubs bauen das Gras nach staatlichen Vorgaben an und verkaufen es im besten Fall unter dem Schwarzmarktpreis. Maximal 500 Mitglieder pro Klub sollen die Kontrolle von Bezugberechtigten, Qualität und THC-Gehalt sichern. Die künftigen Anbauvereine wehren sich bereits gegen Obergrenzen bei Mitgliedern und THC-Gehalt – mit dem Argument, dass sonst der Schwarzmarkt attraktiver bleibt.
Wird die Gesetzestüte zum Rohrkrepierer?
Aus medizinischer Sicht wird auch eine teilweise Legalisierung weiterhin als wenig erfreulich taxiert. Die Suchtprävention müsse massiv verbessert werden. Bei den Parteien wehrt sich vor allem CDU/CSU. Bayern sperrt sich gegen jegliche Freigabe. Polizei- und Justizkreise befürchten, dass die deutsche Regulierungswut ein neues Bürokratiemonster geschaffen hat.
Wie ist die aktuelle Cannabis-Politik der Schweiz?
In der Schweiz ist eine Legalisierung von Cannabis zurzeit chancenlos. Es gibt kein Gesetzesvorhaben. Im Parlament kursieren zwar Ideen, Cannabis etwa wie Alkohol zu behandeln. Cannabis darf nur in wissenschaftlich begleiteten Versuchen an Erwachsene abgegeben werden. Für fünf vom Bund bewilligte Versuche haben die Städte lange gekämpft. Die auf fünf bis sieben Jahre befristeten Versuche sollen neue Erkenntnisse für das weitere Vorgehen liefern.