Etwas überspitzt könnte man sagen, die Protagonistinnen und Protagonisten dieses Beitrags sind alle im falschen politischen Lager gelandet. Es sind zwei junge Frauen, die bürgerlich politisieren: Demi Hablützel bei der Jungen SVP Baselstadt und Lena Skoko bei den Jungfreisinnigen der Stadt Bern. Und auf der anderen Seite zwei junge Männer, die pointiert links stehen: Maurus Müller, Jungsozialist aus Graubünden, und Sven Keller von den Jungen Grünen aus dem Kanton Glarus.
Sie kennen die Studien, dass junge Frauen heute linker und junge Männer rechter sind als früher. Diese Ergebnisse würden sich auch mit seinen persönlichen Erfahrungen aus der Schulzeit decken, sagt Maurus Müller: «Auf dem linken Spektrum waren alle Geschlechter vertreten. Auf der rechten Seite hatte ich das Gefühl, dass es vermehrt Männer sind.»
Doch warum sind linke Parteien für junge Männer weniger attraktiv als für Frauen? Wenn Sven Keller bei seinen männlichen Kollegen nachfragt, höre er häufig dasselbe Argument: «Auch Freunde, die eigentlich links wählen, regen sich über die ‹Wokeness› auf.»
«Wokeness» oder generell feministische Forderungen gehören bei linken Jungparteien aktuell zu den wichtigsten Anliegen, sagt Maurus Müller. «Es ist leicht nachzuvollziehen, warum dies Männer nicht so fest anspricht, wenn man viel über diese Themen spricht.»
Wobei Feminismus heute oft breiter gedacht werde als bloss die Gleichstellung von Frau und Mann. Sondern es gehe beim modernen Feminismus auch um die Einbindung von anderen Geschlechtern und um den Kampf gegen Unterdrückung, Rassismus oder Sexismus.
Dass die starke Präsenz von feministischen Anliegen junge Männer abschrecken kann, leuchtet auch der Jungfreisinnigen Lena Skoko ein: «Männer haben eher das Gefühl, dass genug darüber geredet wurde. Das Feminismusthema habe sich erledigt. Vielleicht ist es auch deswegen zu diesem Drift gekommen.»
Warum es den rechten Parteien weniger gut gelinge, junge Frauen für sich zu begeistern, habe sicherlich auch mit dem Image dieser Parteien zu tun, sagt Demi Hablützel von der Jungen SVP. «Die bürgerlichen Parteien werden in den Medien als harte, forsche Parteien proklamiert. Das schreckt gewisse Frauen vielleicht ab, zu diesen Parteien zu gehen oder sie zu wählen.»
Problem oder einfache Tatsache?
Ist das Auseinanderdriften der Geschlechter ein Problem oder einfach ein Fakt, den es hinzunehmen gilt? Für Lena Skoko bedeutet Politik: «Egal, welcher Ansicht man ist, man sollte gemeinsam den kleinstmöglichen Nenner finden. Es ist ein bisschen beunruhigend, dass sich die Pole auseinanderschieben.»
Sorgen macht diese Polarisierung auch Sven Keller. Vor allem dann, wenn man anfange, das politische Gegenüber zu verteufeln: «Dann ist das Vertrauen weg. Die Linken sind davon genauso betroffen wie die Rechten. Das müssen wir wieder hinkriegen.»
Es dürfte spannend sein zu beobachten, ob sich dieser politische Geschlechtergraben in den nächsten Jahren zuschütten lässt oder sich weiter vertieft. Wobei hier angefügt werden muss: Dieser Geschlechtergraben lässt sich vor allem an den Polen ausmachen, also links und rechts aussen. Allerdings gibt es noch ein grosses, breites politisches Spektrum in der Mitte, wo kaum ein Geschlechtergraben festzustellen ist.