Die Luzerner Herbstmesse, die «Määs», gehört zur Leuchtenstadt wie das Löwendenkmal oder die Kapellbrücke. Sie ist auch in etwa so alt wie letztere. Wenn die «Lozärner Määs» am 5. Oktober eröffnet wird, feiert sie ihr 650-jähriges Bestehen. War sie früher vor allem ein Markt, an dem seltene Ware angepriesen wurden, so geht es heute in erster Linie ums Halligalli.
Gotthard-Route als Treiber
Vor einigen Jahren machte sich der Historiker Konrad Wanner auf die Suche nach den ältesten schriftlichen Nachweisen zur «Määs». Er stiess dabei auf ein Dokument aus dem Jahr 1374, einem Verzeichnis. In diesem ist aufgeführt, wie viel ein Händler zu zahlen hatte, um an der «Mes» seine Ware anbieten zu dürfen. Vier Schilling waren es. «Ein früheres Dokument habe ich bis jetzt nicht gefunden», so Wanner.
Damals ist laut dem Historiker der Handel im Vordergrund gestanden. «Es kamen Fernhändler mit Waren, die es lokal nicht zu kaufen gab. Feudales wie Textilien oder Schmuck.» Dass sich die Stadt Luzern als Standort angeboten habe, hänge wahrscheinlich mit der Gotthard-Route zusammen. «Auf dieser bewegten sich die Händler zwischen Mailand, dem Elsass und Brügge», so Wanner. Luzern sei auf dem Weg gelegen.
Sonst wisse man wenig über die Anfangszeiten der Herbstmesse. Sie sei nicht am aktuellen Standort beim Inseli zu finden gewesen, sondern an der Reuss bei der heutigen Jesuitenkirche oder unter der Egg. Reges Treiben habe geherrscht, sagt Konrad Wanner. «Es kamen sehr viele und unterschiedliche Händler.» Wahrscheinlich sei mit der Zeit auch Unterhaltung in Form von Musikanten dazugekommen.
Absurdes und Abnormitäten
Dass die Unterhaltung und das Vergnügen immer wichtiger wurden, zeigt das erste Bild der «Määs» – ein Aquarell aus den 1830er-Jahren. Die Herbstmesse war an den heutigen Kasernenplatz gezügelt. Auf dem Bild sind Schaubuden zu sehen: eine Tierschau und ein sogenanntes Panoptikum, ein Wachsfigurenkabinett. Beides zentrale Elemente früherer Messen. Der Maler hat auch zwei Betrunkene eingefangen, die einander stützen. Die «Määs» hatte schon damals einen geselligen Aspekt.
Aus heutiger Sicht absurd wurde die Unterhaltung gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Wie an Messen in ganz Europa gab es auch in Luzern sogenannte «Völkerschauen», an der Personen von fremden Kulturen dem Publikum vorgeführt wurden. Inserate von damals versprachen zudem Raubtierschauen, Hellseherinnen und eine «ganze Karawane seltsamer Abnormitäten». Von einem «Mädchen mit dem Vogelkopf» oder einem «Kind mit zwei Köpfen» ist da die Rede.
Handel mit untergeordneter Rolle
Hinzu kamen auch Fahrgeschäfte, wie man sie heute noch kennt: Karussells, Schiffschaukeln und das Riesenrad. In Luzern stand im Jahr 1936 zum ersten Mal ein Riesenrad. Es war damals noch aus Holz und noch nicht sehr gross, stand jedoch bereits am jetzigen «Määs»-Standort hinter dem Bahnhof. Das Riesenrad ist ein Wahrzeichen der «Määs» geblieben. Das aktuelle, fast 50 Meter hohe, sieht man schon vom Bahnhof aus.
Heute steht an der «Määs» ganz klar die Unterhaltung und nicht der Handel im Vordergrund. Das aus gutem Grund, sagt Historiker Konrad Wanner. «Alles, was man damals auf der Messe kaufen musste, bekommen wir heute auf Knopfdruck im Internet.» Die Händler sind trotzdem nicht ganz verschwunden: Statt kostbarer Textilien werden lustige Hüte, Handyhüllen und Gemüsehobel feilgeboten.