- Knapp 1500 Personen warten derzeit in der Schweiz auf eine Organspende.
- Swisstransplant, die Stiftung für Organspende und Transplantation, warnt vor einer Trendwende: Nach einem langjährigen Anstieg könnte die Anzahl Transplantationen bis Ende Jahr regelrecht einbrechen.
- Den Mangel will die Organspende-Initiative bekämpfen – sie wird diese Woche vom Nationalrat debattiert
Bereits im letzten Jahr wurden in der Schweiz pandemiebedingt weniger Organe transplantiert. So warteten Ende 2020 1457 Personen auf eine Organspende. Seit da sei diese Warteliste weitergewachsen. Die Spenderzahlen seien auch im ersten Quartal 2021 rückläufig, heisst es nun bei Swisstransplant.
Ihr Direktor Franz Immer erklärt: «Die Ablehnungsrate nimmt zu. Das heisst: Immer mehr Angehörige willigen nicht in die Organspende ein, beispielsweise weil sie den Wunsch des Verstorbenen nicht kennen.» Ohne Kehrtwende könnte die Anzahl Transplantationen damit bis Ende dieses Jahr um 20 Prozent gegenüber 2019 sinken, befürchtet Immer.
Der Trend habe bereits vor zwei Jahren – also vor der Pandemie – eingesetzt, sich im Lauf des Corona-Jahrs aber zugespitzt, sagt Immer und erklärt weiter: «Die Betten sind knapp, und das hat natürlich auch einen Einfluss darauf, wie lange man einen möglichen Spender betreuen kann und wie lange man Gespräche im Kontext der Organspende führen kann.
Die Ablehnungsrate nimmt zu. Das heisst: Immer mehr Angehörige willigen nicht in die Organspende ein, beispielsweise weil sie den Wunsch des Verstorbenen nicht kennen.
Einen noch stärkeren Rückgang verhinderten letztes Jahr Importe. Vor allem in der ersten Welle der Pandemie im Frühling letztes Jahr habe Swisstransplant zahlreiche Importe aus Ländern realisiert, wo die Transplantationsaktivitäten vorübergehend praktisch vollständig eingebrochen seien – darunter etwa Frankreich.
«Dank guter Infrastruktur und Logistik in der Schweiz konnten wir zahlreiche Organe zwischen März und Mai importieren, was in der Schweiz eine mehr oder weniger stabile Situation trotz Corona ermöglicht hat.» Eingeführt wurden so Organe, für die im Ausland keine Empfängerinnen oder Empfänger gefunden werden konnten.
Die Problematik war, dass gar nicht genügend Personal für mehr Intensivbetten zur Verfügung gestanden ist während dieser Zeit. Ich hoffe, es kommen wieder andere Zeiten.
Die Warnung von Swisstransplant kommt just zum Zeitpunkt, wenn der Nationalrat in seiner Sondersession die Organspende-Initiative berät. Diese will den Mangel an Spendeorganen mit der Widerspruchslösung bekämpfen.
Das heisst: Wenn die verstorbene Person eine Organspende nicht abgelehnt hat, geht man grundsätzlich von ihrer Zustimmung aus. Swisstransplant unterstützt die Initiative und grundsätzlich auch einen Gegenvorschlag, den der Nationalrat diese Woche berät.
Nein zur Initiative sagt hingegen SVP-Gesundheitspolitikerin Verena Herzog. So sei fraglich, ob mit der Widerspruchslösung mehr Organe gespendet würden.
Der Rückgang sei durch die Pandemie verursacht, so Herzog. «Die Problematik war, dass gar nicht genügend Personal für mehr Intensivbetten zur Verfügung gestanden ist während dieser Zeit. Und ich hoffe, es kommen wieder andere Zeiten.» Swisstransplant hingegen betont: Die Wartelisten für Spendeorgane würden schon seit zwei Jahren länger.