«Jeden Abend um vier Uhr am Gubrist anderthalb Stunden anstehen und wissen, das ist mein Feierabend, der da gerade flöten geht. Ich habe Verständnis, dass die Leute sich anders orientieren.» Dies sagt ein Mann, der selber seit 30 Jahren Lastwagen fährt und heute Chef ist von 1000 Mitarbeitenden und 500 LKWs: Daniel Schöni, Inhaber des gleichlautenden Transportunternehmens aus Rothrist.
Vielleicht müssen wir schulisch zurückfahren und praktisch hochfahren.
Er geht neue Wege, wenn es um die Anstellung von Fahrern und Fahrerinnen geht, macht gute Erfahrungen mit Strassentransport-Praktikern. Die zweijährige Berufslehre gibt es neben der dreijährigen für Strassentransport-Fachleute seit sechs Jahren.
«Die Frage stellt sich: Wie komplex muss ein Berufsbild sein, damit man eine Lehre machen kann? Wie viel schulische Intelligenz muss jemand mitbringen», so Schöni gegenüber SRF. «Und vielleicht müssen wir schulisch zurückfahren und praktisch hochfahren: Asylanten, Leute, die vielleicht am Rand sind, zweiter Arbeitsmarkt.»
Rund 5000 Chauffeure hören jedes Jahr auf
Tatsächlich hören laut dem Schweizerischen Nutzfahrzeugverband Astag jährlich rund 5000 Lastwagenchauffeure auf. Nur rund 2000 kommen über eine Lehre oder den Quereinstieg dazu. Die restlichen gut 3000 werden aus der EU abgeworben.
Versorgungsengpässe wie zurzeit in Grossbritannien gibt es in der Schweiz nicht. Trotzdem ist Gallus Bürgisser, Vizedirektor des Astag und zuständig für die Ausbildung, alarmiert. Denn er kennt den Fachkräftemangel in Deutschland, Polen und weiteren Ostländern. «Irgendeinmal kann man den Bedarf mit Fachleuten aus Europa nicht mehr abdecken, so Bürgisser. «Es gibt ja Ansätze, dass man noch weiter die Leute integrieren kann, wo zu wenig Arbeit vorhanden ist. Dass es für sie attraktiv sein könnte, in Europa zu arbeiten.»
Nachwuchskräfte von ausserhalb Europa?
Gemeint sind Lastwagenfahrer wie Ibrahim Toure. Seit sieben Jahren fährt der ehemalige Flüchtling aus dem Senegal für Schöni Transport. Die Staus schrecken ihn nicht ab: «Manchmal ist es ein wenig stressig mit den Staus auf der Strasse. Aber ich habe Geduld, denn das Lastwagenfahren ist mir eine Herzensangelegenheit und darum fahre ich gern», so Ibrahim Toure.
Sein Chef Daniel Schöni sieht Toures Geschichte als Erfolgsgeschichte, die er gern ausbauen würde. «Wenn der Kollege hier 99 Brüder hätte, die so arbeiten wie er, ich würde sie alle einstellen, und zwar sofort.»
Er spreche alle Sprachen, die wichtig für das Unternehmen seien, und er mache den Job gern und gut. Doch Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen für Personal von ausserhalb der EU sind schwierig zu bekommen. Wie die Schweiz zukünftig genügend Nachwuchs für die Transportbranche finden kann, ist darum ungewiss.