Im Kanton Zürich müssen Schülerinnen und Schüler ab der 4. Klasse künftig Schutzmasken tragen. An den Mittelschulen soll die Zahl der anwesenden Schüler um die Hälfte reduziert werden. Silvia Steiner, Erziehungsdirektorin und Präsidentin der Erziehungsdirektorenkonferenz, nimmt Stellung.
SRF News: Warum weiten Sie die Maskenpflicht auf die 4. Primarstufe aus?
Silvia Steiner: Das mutierte Virus zwingt uns, die Lage neu zu beurteilen. Laut Wissenschaftlern ist es einfacher übertragbar. Wir wissen noch nicht, ob dies auch bei Kindern der Fall ist. Im Kanton Zürich haben sich einige Kinder mit dem mutierten Virus infiziert. Diese Fälle hatten weitreichende Quarantäne-Massnahmen zur Folge. Zum Teil mussten ganze Schulen geschlossen werden. Dies versuchen wir, mit dieser Massnahme abzufedern.
Haben sich wegen der mutierten Virusvariante in letzter Zeit häufiger Kinder infiziert?
Bisher sind es nur vereinzelte Ansteckungen. Momentan gehen die täglichen Infektionszahlen ja schweizweit zurück. Der Bundesrat geht aber davon aus, dass das mutierte Virus zu einem starken Anstieg führen könnte und hat deshalb frühzeitig reagiert. Das machen wir jetzt auch.
Können Kinder die Masken überhaupt richtig verwenden?
Wir sprechen von mindestens 9- bis 12-Jährigen. Bei lokalen Ausbrüchen haben wir in einzelnen Schulen die Maskenpflicht schon ausgedehnt und damit recht gute Erfahrungen gemacht. Die Kinder sind in dieser Hinsicht ziemlich diszipliniert und die Lehrpersonen pädagogisch begabt. Sie können den Kindern beibringen, wie sie die Maske tragen müssen.
Wir wollen eine erneute komplette Schulschliessung verhindern. Kinder und Jugendliche sollen ihr Recht auf Bildung wahrnehmen können.
Im Moment macht es den Anschein, dass die Kantone sich gegenseitig unterbieten. Der Kanton Baselland hat die Maskenpflicht ab der 5. Primarschulstufe eingeführt, in Schaffhausen müssen zum Teil sogar im Kindergarten Masken getragen werden. Bräuchte es eine schweizweite Lösung?
Eine schweizweite Lösung wäre natürlich schön. Aber die Infektionslage und die organisatorischen Voraussetzungen sind in allen Kantonen unterschiedlich. Deshalb muss es Raum für kantonale Lösungen geben. In einem Punkt ist sich die Erziehungsdirektorenkonferenz aber einig: Wir wollen eine erneute komplette Schulschliessung verhindern. Kinder und Jugendliche sollen ihr Recht auf Bildung wahrnehmen können.
Sie wollen in der Mittelschule auch die Anzahl Schülerinnen und Schüler reduzieren. Wie muss man sich das vorstellen?
Die Massnahme betrifft rund 20 Schulen und jede hat etwas andere Voraussetzungen. Meine Rektoren erarbeiten individuelle, pädagogisch gute Konzepte, die in die jeweilige Schulorganisation passen. Wir wollen die Anzahl Schülerinnen, die gleichzeitig im Schulhaus sind, verringern und verhindern, dass es zur Mittagszeit zu Ansammlungen kommt. Kantonsschüler im Kanton Zürich haben sehr lange Anfahrwege. Deshalb müssen sie sich in der Schule verpflegen. Es ist kaum zu vermeiden, dass dabei viele junge Menschen zusammen kommen. Deshalb müssen wir die Personenzahl in den Schulhäusern verringern.
Die Mittelschule wieder auf Fernunterricht umstellen – das wollen Sie aber nicht?
Das wollen wir unbedingt verhindern. Wir haben im Frühling festgestellt, welche schwerwiegenden Auswirkungen der Fernunterricht hatte. Viele leistungsschwächere Schüler haben die Lernziele klar verfehlt. Es haben nicht alle das gleich gute Lernumfeld Zuhause. Mit der jetzigen Lösung können die Schülerinnen in der Schule lernen, wo sie unterstützt werden. Und sie haben weiterhin eine gewisse Anzahl Lektionen im Präsenzunterricht. Dies gibt ihnen eine Struktur ausserhalb der eigenen vier Wände, wo ihnen vielleicht manchmal die Decke auf den Kopf fällt.
Das Gespräch führte Catherine Thommen.