Der Bundesrat setzt weiter darauf, dass sich die Bevölkerung an die Schutzmassnahmen hält. Er fordert aber Kantone mit hohen Fallzahlen dazu auf, auf ihrem Gebiet schärfere Massnahmen zu beschliessen. Dazu kommt eine Maskenpflicht in Innenräumen. Clubs, Bars und Veranstalter können aber auf eine 2G-Regelung mit weniger strengen Auflagen setzen. SRF-Wissenschaftsredaktor Daniel Theis schätzt das Massnahmenpaket ein.
SRF News: Einerseits gibt es neu die Möglichkeit für Clubs oder Konzertsäle, 2G einzuführen. Sprich: Nur noch Geimpfte und Genesene dürfen feiern gehen. Gleichzeitig braucht es dann keine Masken mehr. Birgt das nicht ein Risiko?
Daniel Theis: Natürlich. Das zeigen die vielen Durchbruchsinfektionen deutlich, die wir zurzeit erleben. Verlässliche Zahlen für die Schweiz gibt es zwar nicht. Aber aus Österreich weiss man, dass gegen die Hälfte der Ansteckungen Geimpfte betreffen.
Wenn man die Gruppe ausschliesst, die gefährdeter für einen schweren Verlauf ist, entlastet man tatsächlich die Spitäler.
Das sind aber bis auf wenige Ausnahmen nicht die Menschen, die danach im Spital landen. Wenn man also die Gruppe der Ungeimpften ausschliesst, die gefährdeter für einen schweren Verlauf ist, entlastet man tatsächlich die Spitäler. Dieser Effekt ist jedoch geringer, bei jüngeren Menschen, weil sie sowieso ein tieferes Risiko für einen schweren Verlauf haben.
Für private Treffen zuhause empfiehlt der Bundesrat, dass wir ab 11 Personen selbst überprüfen, dass alle in der Gruppe ein Zertifikat haben. Welche Rolle spielen denn private Treffen aktuell bei den Ansteckungen?
Exakt beziffern lässt sich das nicht. Ansteckungen in Haushalten sind aber ein wesentlicher Faktor im Infektionsgeschehen. Denn bei privaten Treffen trifft man sich ohne Maske. Die Zertifikatspflicht sehe ich da eher als eine psychologische Massnahme. Verkehrt ist das aber nicht: Denn wenn wir uns im privaten Bereich bemühen und vielleicht auch mal ein Treffen absagen, das uns nicht so wichtig ist, können wir alle einen Beitrag leisten.
Neu müssen alle, die aus dem Ausland einreisen, einen negativen PCR-Test vorlegen – also auch Geimpfte und Genesene. Dafür gibt es aber keine Quarantäne-Liste mehr. Kann so die weitere Ausbreitung der Omikron-Variante gebremst werden?
Etwas gebremst bestimmt. Aber man kann natürlich auch kurz nach einem Test ansteckend werden und so trotzdem einreisen. Die Quarantäne-Regel für Personen aus einem Land mit Omikron wäre effektiver, ist aber eine drastische Notmassnahme. Und schon bald wäre wohl fast jedes Land der Welt auf der Liste. Obligatorische Tests vor der Einreise und nach Ankunft für alle – das ist eine mildere Massnahme, die gut funktionieren kann. So ist auch ein Wintertourismus möglich.
Die Erfahrung zeigt: Die Fallzahlen sinken meist schon bevor die behördlichen Massnahmen greifen.
Der Bundesrat sagt, die Lage sei sehr ernst – die Spitäler kommen an ihre Grenzen. Werden diese Massnahmen reichen, um die Situation zu entschärfen?
Die einzige wirklich griffige Massnahme in dem Paket ist die breite Maskenpflicht. Für sich alleine reicht das aber wohl nicht, um die Situation zu drehen. Aber es gibt noch die Booster-Impfung, die jetzt vor allem für die Risikogruppen wichtig ist. Sie wird uns helfen, dass weniger Menschen krank ins Spital müssen.
Nicht zu unterschätzen sind auch die freiwilligen Massnahmen der Menschen. Die Erfahrung zeigt: Die Fallzahlen sinken meist schon bevor die behördlichen Massnahmen greifen. Die Menschen reagieren also von sich aus. Das heisst, wenn alle ihre Kontakte etwas reduzieren und die bekannten Hygienemassnahmen beachten, ist das ein wichtiger Beitrag. In der Summe könnte es aufgehen.
Das Gespräch führte Mario Sturny.