Lange Zeit war der Regionaljournalismus die letzte Bastion. Einer der letzten Orte, an dem das Geschäftsmodell «Journalismus» noch funktioniert hat. Doch diese Zeiten scheinen nun zumindest für die grossen Medienhäuser vorbei zu sein. Auch der grösste private Verlag der Schweiz, Tamedia (TX Group), legt seine Regionalredaktionen zusammen – in den Regionen Bern und Zürich.
Für den Journalismus muss das nicht nur schlecht sein, auch wenn das für die Medienvielfalt kein gutes Zeichen ist, wie dies das «Medienqualitätsrating 2020» (MQR20) oder das Jahrbuch 2020 «Qualität der Medien» des Forschungszentrums Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich jüngst konstatiert haben.
Beispielsweise in Bern. Dort scheint sich derzeit einiges zu tun: Ein Verleger aus der Ostschweiz prüft das Potenzial für einen neuen Gratis-Anzeiger unter dem Projektnamen «Neue Berner Zeitung».
Auch in Zürich schafft der Zusammenzug der Regionalredaktionen wieder Platz für Neues im Lokalbereich. Etwa für Onlineportale wie «TSÜRI» (tsri.ch)
Wachstum und Konsolidierung
Während Jahrzehnten verfolgte Tamedia eine Wachstumsstrategie durch Beteiligungen und Übernahmen. Jetzt werden Redaktionen zusammengelegt, Synergien genutzt und Bestände konsolidiert. Damit könnte zumindest wieder etwas Bewegung in den Medienmarkt kommen.
Die Übernahme der Bieler Gassmann-Gruppe mit dem «Bieler Tagblatt» und Radio Canal3 durch den Oberwalliser Medienunternehmer Fredy Bayard – und nicht wie lange vermutet durch ein Berner oder Zürcher Unternehmen – ist nur ein Zeichen dafür.
Branchenfremde übernehmen
Es ist ein Markt, an dem sich zunehmend auch Branchenfremde beteiligen, gerade auf regionaler Ebene. Gemeindepolitikerinnen und -politiker etwa rüsten ihre Amtsanzeiger auf. Kommunale Informationen, die früher an vielen Orten gegen Bezahlung in Regionalmedien erschienen, werden nun zunehmend selbst publiziert, so etwa in der Ostschweiz.
Ein Trend, der Medienwissenschaftlern zu denken gibt. Denn Amtsanzeiger werden so zu Propaganda-Instrumenten von lokalen Politikern und Politikerinnen.
Immer weniger Journalisten
Es bleibt die Erkenntnis, dass die Anzahl der Journalistinnen und Journalisten in der Schweiz weiter abnehmen dürfte. Lange Zeit eine Wachstumsbranche, wird nun seit Jahren konsolidiert. Zuerst vor allem auf nationaler Ebene und nun auch zunehmend auf regionaler.
Auch wenn das für den Journalismus als Branche vorerst verkraftbar scheint: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich an diesem rückläufigen Trend in den kommenden Jahren etwas ändern wird, bleibt gering – nicht zuletzt auch wegen der Pandemie.