- Die Schweiz verletze in vielerlei Hinsicht die Rechte der 1.8 Millionen Menschen mit Behinderungen und lebe die Inklusion auf allen Staatsebenen und in der Gesellschaft zu wenig.
- Zu diesem Schluss kommt die zuständige Kommission der UNO.
- Sie hat Mitte März geprüft, wie die Schweiz die Behindertenrechts-Konvention der UNO umsetzt.
Der UNO-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BRK-Ausschuss) hat die Schweiz vom 14. bis 16. März erstmals zur Umsetzung der UNO-Behindertenrechtskonvention geprüft. Die Schweizer Dachorganisation Inclusion Handicap hat dazu den sogenannten Schattenbericht zuhanden des BRK-Ausschusses aktualisiert.
Seit der Ratifizierung der Konvention 2014 sei die Gesetzgebung auf Bundes- und kantonaler Ebene kaum im Sinne der BRK geändert worden, kritisierte Inclusion Handicap am Donnerstag in einer Mitteilung. Die schweizerische Behinderten-Dachorganisation erinnerte an ihre Petition an den Bundesrat, die Ratifikation des Zusatzprotokolls zur BRK sofort in die Wege zu leiten. Damit könnten die Menschen mit Behinderungen ihre Rechte direkt vor dem BRK-Ausschuss geltend machen, falls ihre Beschwerden durch Schweizer Gerichte letztinstanzlich abgelehnt werden.
Laut BRK-Ausschuss fehlt in der Schweiz eine umfassende Strategie zur Umsetzung seiner Empfehlungen. Bestehende Gesetze müssten auf allen Ebenen systematisch im Lichte der BRK überprüft werden.
Kritik an mangelndem Schutz vor Diskriminierung
Ausserdem kritisiert der Ausschuss, dass die Schweiz Menschen mit Behinderungen ungenügend vor Diskriminierung schütze. Besorgt zeigt er sich auch über «die Segregation der Menschen mit Behinderungen auf dem geschützten Arbeitsmarkt». Auch im Wohnbereich werde noch zu stark auf institutionelle Wohnformen fokussiert und für den Aufbau eines inklusiven Schulsystems fehle eine politische Strategie.
Positiv würdigt der Prüfbericht die Verabschiedung eines Gesetzes zur Einrichtung einer nationalen Menschenrechtsinstitution durch die Schweiz, die Unterzeichnung der Charta zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen in humanitäre Massnahmen oder die Ratifizierung des Vertrags von Marrakesch zur Erleichterung des Zugangs zu veröffentlichten Werken für blinde, sehbehinderte oder anderweitig lesebehinderte Personen.
EDI will noch dieses Jahr beraten
Laut Informationen des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) von Anfang März wird sich der Bundesrat voraussichtlich Ende dieses Jahres mit den künftigen Schwerpunkten der Behindertenpolitik in der Schweiz befassen. Dies biete zugleich den Rahmen, den Empfehlungen des UNO-Ausschusses Rechnung zu tragen.
In diesem Zusammenhang erwartet Inclusion Handicap einen Aktionsplan, der die Prioritäten, die Zuständigkeiten, einen Zeitplan sowie das nötige Budget festhält. Eine unabhängige Stelle müsse die Umsetzung zudem regelmässig überprüfen.