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Merishausen SH Einsatz von Suizidkapsel in Schaffhausen führt zu Strafverfahren

  • Die umstrittene Suizidkapsel «Sarco» ist im Kanton Schaffhausen erstmals zum Einsatz gekommen.
  • Eine Person nahm sich darin mit Stickstoff das Leben.
  • Die Schaffhauser Polizei verhaftete mehrere Personen, wie sie mitteilte.
  • Die Staatsanwaltschaft hat gegen die Verhafteten Strafverfahren eingeleitet – wegen Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord.

Wer verhaftet wurde und wer sich in der Kapsel das Leben nahm, gab die Staatsanwaltschaft nicht bekannt. Der Erfinder der Kapsel, Philipp Nitschke, teilte am Dienstagmittag den Artikel einer niederländischen Zeitung auf X. Diese begleitete den Freitod im Kanton Schaffhausen offenbar. Gemäss Nitschke war eine 64-jährige US-Amerikanerin die erste Person, die mit «Sarco» aus dem Leben schied.

Einschätzung von Sibilla Bondolfi, Gerichtskorrespondentin SRF

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«Gestern erst hat Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider den Sarco für rechtswidrig erklärt. Dass die Suizidkapsel dennoch zum Einsatz kam, zeigt, wie aktivistisch die neue Sterbehilfeorganisation ‹The Last Resort› (Der letzte Ausweg) unterwegs ist.

Die Aktivisten sind überzeugt davon, dass Sterbehilfe ein Menschenrecht und der drogenfreie Tod in der Kapsel besonders friedlich ist (normalerweise kommen beim assistierten Suizid Betäubungsmittel zum Einsatz). Aufgrund eines selbst in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens einer Zürcher Anwaltskanzlei gehen sie davon aus, dass sie ein Strafverfahren gewinnen würden. Sie haben es deshalb einfach darauf ankommen lassen. Das lässt den Behörden keine Wahl, sie mussten durchgreifen und ein Strafverfahren eröffnen, um die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats zu wahren.

Dass die Polizei mehrere Personen in Haft versetzt hat, ist für einen Fall von assistiertem Suizid eine ungewöhnlich heftige Reaktion, dürfte aber damit zusammenhängen, dass diese Personen möglicherweise nicht in der Schweiz wohnhaft sind und sich entsprechend relativ einfach der Strafverfolgung entziehen könnten. Die Gründer von ‹The Last Resort› sind Australier. Ob ‹Sarco› legal ist, werden nun die Gerichte klären müssen.»

Laut der Schaffhauser Polizei werde die verstorbene Person obduziert. Mehrere Personen seien laut den Ermittlern im Raum Merishausen verhaftet worden. Die Staatsanwaltschaft prüfe zudem die Verletzung weiterer Straftatbestände.

Kapsel bei Waldhütte eingesetzt

Die Staatsanwaltschaft wurde am späten Montagnachmittag von einem Anwalt darüber informiert, dass in einer Waldhütte in der Gemeinde Merishausen die Suizidkapsel angewendet worden sei. Die Einsatzkräfte stellten die Suizidkapsel sicher und brachten die verstorbene Person zur Obduktion ins Institut für Rechtsmedizin nach Zürich.

In welcher Beziehung der hinweisgebende Anwalt zur Sterbehilfeorganisation «The Last Resort» steht, machte die Staatsanwaltschaft ebenfalls nicht publik, wie sie auf Anfrage sagte. Aus Schaffhausen sei er aber nicht.

Gesundheitsdepartement nahm am selben Tag Stellung

Die Suizidkapsel «Sarco» sei in zweierlei Hinsicht nicht rechtskonform, sagte Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider noch am Montag in der Fragestunde des Nationalrates.

Suizidgedanken? Hier finden Sie Hilfe

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Erwachsene: Dargebotene Hand/Sorgentelefon

  • Telefon (rund um die Uhr): 143
  • Mail und Chat: www.143.ch

Kinder und Jugendliche: Pro Juventute

  • Telefon (rund um die Uhr) und SMS: 147
  • Mail und Chat: www.147.ch

Weitere Informationen

Sie erfülle die Anforderungen des Produktesicherheitsrechts nicht. Sie dürfe daher nicht in Verkehr gebracht werden. Weiter sei die Verwendung von Stickstoff in der Kapsel nicht mit dem Zweckartikel des Chemikaliengesetzes vereinbar.

Schlafkapsel in einem Zimmer auf einem roten Teppich.
Legende: Die Todeskapsel «Sarco» ist laut SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider doppelt illegal. Keystone/ENNIO LEANZA

Eine Ankündigung der Hersteller, dass die Suizidkapsel in der Schweiz zur Anwendung komme, hatte im vergangenen Sommer eine Diskussion um deren Rechtskonformität entfacht. Die Staatsanwaltschaften mehrerer Kantone kündigten an, dass sie Strafverfahren einleiten würden, sollte die Kapsel in ihrem Zuständigkeitsbereich verwendet werden.

Tod durch Sauerstoffmangel

«Sarco» soll erlauben, durch Knopfdruck aus dem Leben zu scheiden. Die Maschine kann zum Sterben an jeden beliebigen Ort gebracht werden. Auf Knopfdruck strömt Stickstoff in die Kapsel, der den Sauerstoff verdrängt. Nach wenigen Atemzügen wird die Person bewusstlos. Der Tod tritt gemäss den Herstellern nach etwa fünf Minuten ein.

Ziel des hinter «Sarco» stehenden Unternehmens ist es laut eigenen Angaben, einen «schöneren Tod» zu ermöglichen. Erfunden wurde die Suizidkapsel vom Sterbehilfeaktivisten Philipp Nitschke.

Video
Archiv: Wirbel um Suizidkapsel «Sarco»
Aus 10 vor 10 vom 17.07.2024.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 13 Sekunden.

    SRF 4 News, 24.09.2024, 12.30 Uhr ; 

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