In den nächsten Wochen soll laut Informationen der «NZZ» der erste Suizid in der umstrittenen Todeskapsel «Sarco» stattfinden. Als Ort hat der australische Erfinder des Geräts, Philip Nitschke, die Schweiz ausgesucht. Die Kapsel füllt sich auf Knopfdruck mit Stickstoff. Die sterbewillige Person im Innern stirbt an Sauerstoffmangel. Der Erfinder stützt sich auf ein Gutachten eines St. Galler Professors, das vor Jahren zum Schluss kam, dass «Sarco» gegen kein Gesetz verstosse.
Der Grat zwischen Rechtmässigkeit und Rechtswidrigkeit bei der Beihilfe zum Selbstmord ist eng und schmal.
Der Grat zwischen Rechtmässigkeit und Rechtswidrigkeit bei der Beihilfe zum Selbstmord sei eng und schmal, sagt Kerstin Noëlle Vokinger. Die Professorin für Recht und Medizin an der Universität Zürich betont, dass die genauen Umstände der Umsetzung nicht bekannt seien und diese je nach Handhabung straf- und disziplinarrechtliche oder medizinprodukterechtliche Konsequenzen haben könne.
«Sarco» – ein Medizinprodukt?
Laut Vokinger müsste insbesondere im Detail geklärt werden, ob «Sarco» als Medizinprodukt qualifiziert werden muss oder nicht. Denn unter die Medizinprodukte fallen nicht nur jene zur Linderung und Behandlung von Patienten, sondern auch solche, die einen pathologischen Vorgang beim Patienten verändern können.
Falls bejaht würde, dass es sich um ein Medizinprodukt handelt, kämen die Vorschriften des Heilmittelgesetzes und der entsprechenden Verordnung zu Anwendung. In diesem Fall würden besondere Bestimmungen für die Anwendung und Einfuhr dieses Produkts in der Schweiz gelten, ebenso die Aufsicht über das Produkt durch das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic.
Keine Begleitung als Neuheit
«Die ganz konkreten Umstände, wie die Kapsel eingesetzt werden soll, sind zumindest mir noch nicht bekannt», stellt Rechtsexpertin Vokinger fest. Ein augenfälliger Unterschied zur bisherigen Beihilfe zum Selbstmord mit Pentabarbital sei, dass die Sterbewilligen dort ärztlich begleitet und medizinisch-ethische Richtlinien berücksichtigt worden seien. Die Vision von «Sarco» hingegen sei, dass alles ohne ärztliche Begleitung ablaufe. Auch werde mit Stickstoff ein anderer Stoff verwendet.
Nicht zuletzt müsse strafrechtlich abgeklärt werden, ob jemand aus selbstsüchtigen Beweggründen zum Selbstmord verleitet wurde, stellt Vokinger mit Blick auf allfällige Konsequenzen für den Erfinder der Kapsel fest. Je nachdem, ob Ärztinnen oder Ärzte involviert sind, müsse zudem auch das Berufsrecht geprüft werden.
Ob die Kapsel zum Einsatz kommen darf, ist also rechtlich unklar. Laut einem aktuellen «Blick»-Bericht drohen erste Kantone dem Betreiber der Kapsel mit rechtlichen Konsequenzen.