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Übertreiben Sie nicht beim AHV-Ausbau, Herr Maillard?
Aus Samstagsrundschau vom 16.11.2024. Bild: Keystone/Peter Klaunzer
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Milliardenteurer Sozialausbau Maillard will Ehepaar-Renten und Kinderzulagen erhöhen

Gewerkschaftsbundspräsident Pierre-Yves Maillard unterstützt die Initiative der Mitte-Partei für höhere AHV-Renten für Ehepaare. Zur Finanzierung schliesst er eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht aus. Zusätzlich will er Familien entlasten.

Ehepaare erhalten heute bis zu 1200 Franken weniger AHV pro Monat als unverheiratete Paare. Dies, weil ihre Renten heute «gedeckelt» sind. Sie dürfen das anderthalbfache einer AHV-Maximalrente nicht überschreiten. Anfang Jahr hat die Mitte-Partei eine Volksinitiative eingereicht, die das ändern will.

In der «Samstagsrundschau» von Radio SRF stellt sich nun auch Pierre-Yves Maillard, Präsident des Gewerkschaftsbunds, hinter die Initiative: «Es gibt viele Gründe, dieser Initiative zuzustimmen», so der SP-Ständerat. Der Gewerkschaftsbund werde die Initiative unterstützen, wenn es keine gute Lösung im Parlament gebe. Tiefere Renten für Ehepaare seien ungerecht und nicht mehr zu rechtfertigen.

Bundesrat hält Initiative für zu teuer

Gleich hohe Renten für Ehepaare wie für Unverheiratete: Das würde jährlich 3.8 Milliarden Franken kosten – zu teuer, findet der Bundesrat. Er stellte sich im Sommer gegen die Initiative und wies darauf hin, dass die bereits beschlossene 13. AHV-Monatsrente noch nicht finanziert sei. Diese verursacht Kosten von über vier Milliarden Franken. Das heisst: Beide Forderungen zusammen kosten rund acht Milliarden Franken pro Jahr.

Mann im Anzug mit erhobenen Händen bei einer Pressekonferenz.
Legende: Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard spricht sich für eine Erhöhung der Ehepaar-Renten aus. KEYSTONE/Peter Schneider

Für Gewerkschaftsbundspräsident Maillard kein Problem: «Es ist möglich, hier zu investieren.» Auf eine Diskussion, ob wirklich alle Rentnerinnen und Rentner den Sozialausbau nötig hätten, lässt er sich nicht ein. Die Leute hätten heute tiefere Renten bei den Pensionskassen als vor 20 Jahren. «Wenn wir jetzt für die AHV sieben oder acht Milliarden mehr ausgeben müssen, dann ist das nur eine Kompensation für das, was bei den Pensionskassen geschehen ist.»

Ein Prozent mehr Mehrwertsteuer oder ein Prozent höhere Lohnbeiträge oder eine Kombination von beidem – das finanziert das ganze Programm.
Autor: Pierre-Yves Maillard Präsident Schweizerischer Gewerkschaftsbund

Die Forderung der Mitte-Initiative nach gleichen Renten für Ehepaare ist populär: Selbst die rechten Parteien FDP und SVP sind offen für eine gewisse Erhöhung der Ehepaar-Renten. Allerdings wollen sie diese mit einem Abbau bei den Witwenrenten finanzieren.

Nicht zufrieden mit EU-Rahmenabkommen

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Bei den Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU sieht Maillard keine nahe Lösung. Es gebe zwar einige Verbesserungen, aber beim Lohnschutz sei es noch schlechter geworden. Er nannte das Abkommen ein «Liberalisierungsprojekt»: Es gebe Liberalisierungen beim Arbeitsmarkt, beim Elektrizitätsmarkt und auch bei der Bahn. Auch die Diskussionen über eine Schutzklausel relativierte er: Der beste Schutz seien ein guter Lohnschutz und Kontrollen auf dem Arbeitsmarkt. Eine Lösung müsse im Interesse von allen sein, wie dies in den letzten Jahrzehnten gemacht worden sei.

Maillard sagte, wahrscheinlich werde es einen Abschluss in den Verhandlungen mit der EU geben. Und der Bundesrat werde das Geschäft auch ins Parlament schicken. «Dann werden wir sehen. Wenn es so bleibt, wie es ist, werden wir uns dagegen wehren», so der Gewerkschaftsboss. (sda)

Gewerkschafter Maillard will aber nichts wissen von einem solchen Gegengeschäft: Er will die 13. Monatsrente und die höheren Ehepaar-Renten allein mit einer höheren Mehrwertsteuer oder höheren Lohnabzüge finanzieren. «Ein Prozent mehr Mehrwertsteuer oder ein Prozent höhere Lohnbeiträge oder eine Kombination von beidem – das finanziert das ganze Programm», sagt er.

Gemäss den offiziellen Finanzprognosen des Bundes für die AHV würden allerdings Mehreinnahmen in dieser Höhe nicht ausreichen. Maillard hält diese Prognosen jedoch für zu pessimistisch.

Hohe Kosten für Arbeitstätige

Klar ist: Höhere Lohnabzüge treffen jüngere, arbeitstätige Menschen besonders stark. Gestützt auf die Finanzprognosen des Bundes würde eine Finanzierung von 13. Monatsrente und höheren Ehepaar-Renten einen Arbeitstätigen mit mittlerem Einkommen jährlich mit rund 650 Franken belasten.

Um ihnen zu helfen, verlangt Pierre-Yves Maillard noch einen weiteren Sozialausbau: Er möchte die Kinder- und Ausbildungszulagen erhöhen – konkret um 50 Franken pro Monat und Kind. Finanziert werden die Zulagen von den Arbeitgebern.

Höhere Kinderzulagen kosten 563 Millionen Franken

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Höhere Kinder- und Ausbildungszulagen beschäftigen auch den National- und den Ständerat. Die Sozialpolitikerinnen und -politiker beider Räte haben einem Vorstoss von EVP-Nationalrat Marc Jost für 50 Franken mehr pro Monat im Grundsatz bereits zugestimmt. Im Fall der Nationalrätinnen und Nationalräte allerdings nur hauchdünn. Definitiv ist der Entscheid noch nicht. Kosten dürfte er die Arbeitgeber 563 Millionen Franken pro Jahr.

Das Ausbauprogramm des obersten Gewerkschafters also ist milliardenschwer – seine Chancen ungewiss. Denn bereits bei der Finanzierung der 13. AHV-Rente ist das Parlament zurzeit weit entfernt von einer mehrheitsfähigen Lösung.

Samstagsrundschau, 16.11.2024, 11:30 Uhr

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