Nervös sind sie, die jungen Heizungsinstallateure an der Baugewerblichen Berufsschule des Kantons Zürich. Sie müssen nächstens zur Abschlussprüfung antreten.
«Ich habe das Gefühl, gut vorbereitet zu sein. Aber eine Stimme in mir sagt etwas anderes», stellt ein angehender Berufsmann fest. Ein anderer Lehrling hat Angst vor der praktischen Prüfung: Ein paar Leute hätten berichtet, sie seien wegen dummen Fehlern nicht rechtzeitig fertig geworden. Tatsächlich: Im vergangenen Jahr ist bei den Heizungsinstallateuren jeder vierte Lehrling durchgefallen.
Handlanger auf Kosten der praktischen Ausbildung?
Mirjam Brassel, Abteilungsleiterin der Baugewerblichen Berufsschule, kennt die Gründe, weshalb gerade im Baunebengewerbe die Misserfolgsquoten so hoch sind: Einerseits würden viele Lernende von ihren Betrieben zu wenig gut ausgebildet. In der aktuell boomenden Baubranche hätten viele Lehrmeister zu wenig Zeit, den Lernenden die Fertigkeiten richtig beizubringen.
Brassel schildert einen typischen Fall eines Sanitärinstallateurs, der unendlich lang und oft Badewannen hochtragen musste, womit seine übrige Ausbildung zu kurz kam: «Anders gesagt: Der Lehrling wurde ausgenützt und als billige Arbeitskraft missbraucht.» Deshalb hätten viele Lehrlinge am Ende der Ausbildung Mühe bei der praktischen Prüfung.
Der Lehrling wurde ausgenützt und als billige Arbeitskraft missbraucht. Auch deshalb haben viele am Ende Mühe bei der praktischen Prüfung.
Aber auch beim theoretischen Wissen gebe es Probleme, so Brassel. Insbesondere schwächere Schüler litten unter den grossen Klassen und fehlendem Stützunterricht. Als Schulleiterin blickt sie mit Sorge auch auf die überlasteten Lehrpersonen: «Lehrpersonen melden regelmässig, dass sie einfach nicht mehr könnten und immer mehr Aufgaben dazukämen. Das macht mich hilflos.» Die Lehrer täten, was sie könnten.
Dennoch besteht ein Viertel die Abschlussprüfung nicht. Wer nach drei oder vier Jahren Lehre durch die Prüfung fällt, steht vor einem Scherbenhaufen: Im letzten Jahr waren dies in der Schweiz fast 6'000 junge Erwachsene.
Lehrmeister auf die Schulbank?
Ein Lösungsansatz, der bei den Betrieben ansetzt, stammt von Thomas Rentsch. Er hat eine Stiftung gegründet und bietet Kurse für Lehrmeister an. Diese sollten die Ausbildung ernst nehmen und sich besser um die Lernenden kümmern.
Die Lehrmeister müssten ihre Einstellung ändern, betont Rentsch: «Sie sollen sich nicht mehr von oben herab als Lehrmeister betrachten, sondern als Lernbegleiter, die auf Augenhöhe versuchen, ein gemeinsames Ziel zu erreichen.»
Gütesiegel soll Schule machen
Wenn sich die Firmen ihre Lernenden bemühen und sie gut ausbilden, erhalten sie von der Stiftung das Gütesiegel «Top-Ausbildungsbetrieb». Die Investition lohne sich, sagt Rentsch: «Gute Ausbildungsbetriebe haben das passende Betriebsklima. Das färbt ab. Die Leute sind meist langjährige Mitarbeitende, die sich voll für Betrieb und Beruf einsetzen.»
Gute Ausbildungsbetriebe haben das passende Betriebsklima. Das färbt ab.
Bisher bemühen sich 250 Betriebe um ein Gütesiegel. Tendenz steigend. Denn verschiedene Branchenverbände ermuntern ihre Mitglieder, mit der Stiftung von Thomas Rentsch zusammenzuarbeiten, etwa die Verbände der Maler, der Dachdecker und der Gärtner.
Andere Branchen gehen in eine ähnliche Richtung und wollen Bildungscoaches einsetzen. Experten, die in die Betriebe gehen und dort die Lehrlingsbetreuer unterstützen. Es gibt also Anstrengungen, die Lehrlingsausbildung aufzuwerten.