«Tir de défense» heisst das Konzept, bei dem nicht nur eine Jägerin, sondern auch ein Hirte ein Gewehr zücken darf. Und zwar dann, wenn seine Schafe von einem Wolf angegriffen werden. Mit einer Ladung Schrot dürfte das Tier in diesem Falle vergrämt oder gar abgeschossen werden.
Dieses Konzept ist in Frankreich bereits in gewissen Gebieten etabliert. Nun also will auch das Walliser Kantonsparlament den Wolf auf diese Weise bekämpfen. Ein entsprechendes Postulat der Oberwalliser SVP (SVPO) wurde am Mittwoch mit grosser Mehrheit an die Regierung überwiesen.
«Es kann doch nicht sein, dass wir immer nur zuschauen müssen», begründet Marco Schnydrig (SVPO) seinen Vorstoss. Ausgewählte Jäger und Hirten sollen – unter gewissen Voraussetzungen – Schaden stiftende Wölfe entnehmen können.
Linke und grüne Parteien wehrten sich gegen «die schnelle und gefährliche Lösung des direkten Abschusses mit scharfer Munition», unterlagen aber deutlich – keine Seltenheit beim Thema Wolf im Wallis. Es gebe zwar eine Notwendigkeit, Wölfe gegenüber Menschen scheu zu halten, aber das gehe nur über eine Verstärkung der Vergrämungsstrategien, «damit die Wölfe lernen können».
Das Postulat, das mit 85 zu 31 Stimmen bei 2 Enthaltungen unterstützt wurde, wurde an den Staatsrat überwiesen, der sich nun zu dieser Idee positionieren muss.
Sich bewaffnen zum Schutz, das ist in der Schweiz bisher nicht üblich. Da stellen sich Fragen zur Sicherheit. «Das haben wir berücksichtigt», so Schnydrig. «Es würden sicher nicht alle Hirten bewaffnet, wenn überhaupt welche.» Der Kanton solle jetzt mit dem Bund die beste Option aushandeln.
Laut Bundesamt für Umwelt (Bafu) leben in der Schweiz rund 180 Wölfe in 19 Rudeln. Für die Verfügung von Abschüssen einzelner Tiere sind die Kantone zuständig. Bei einem Eingriff in ein Rudel braucht es jedoch die Zustimmung des Bafu.
Der Bundesrat hat sich gerade vor zwei Wochen auch mit dem Thema Wolf beschäftigt. Er ist für eine «proaktive Regelung» der Wolfspopulation. Konkret bedeutet dies, dass Wölfe bereits erlegt werden dürfen, bevor sie Schäden anrichten. Damit könnten beispielsweise Wölfe erlegt werden, die ihre natürliche Scheu verlieren und zunehmend in Siedlungen auftauchen. Als Nächstes berät der Ständerat dieses Geschäft, noch in der aktuellen Session.