Der Bundesrat regiert, das Parlament muss nachträglich abnicken: In der Pandemie machten National- und Ständerat oft keine sehr gute Figur. Die Coronakrise offenbarte, wie schwach das Parlament mit seinen trägen Prozessen in einer Krise ist.
Dabei half es nicht, dass die Räte selber ihre Frühlingssession wegen Corona abbrachen. «Wir gingen einfach nach Hause», nervt sich etwa Mitte-Ständerat Beat Rieder noch heute. «Dies entspricht nicht unserer Aufgabe gemäss Bundesverfassung.»
Ideensammlung für die Krise
Für weitere Krisen soll das Parlament besser aufgestellt sein. Parlamentarier von links bis rechts schrieben in den letzten Monaten Vorstösse im Dutzend, wie der Betrieb des Parlaments auch in Ausnahmesituationen erhalten werden kann. Wie andere systemrelevante Organisationen soll das Parlament auch bei Erdbeben, Grossbränden, Chemieunfällen oder Stromausfällen funktionieren.
Zudem geht es auch um die Macht der Volksvertreter gegenüber der Regierung: Das Parlament soll als Korrektiv jederzeit eingreifen können. Die per Vorstoss eingereichten Ideen reichen nun von einem ständigen Parlamentsausschuss, der dem Bundesrat auf die Finger schaut, bis zu einem Vetorecht gegenüber dessen Beschlüssen oder dass nur noch die Bundesversammlung eine ausserordentliche Lage ausrufen darf.
Heute kamen zwei solche Vorschläge in den Ständerat – wurden aber zurück an die Staatspolitische Kommission geschickt. Dort prüft nun nämlich eine Subkommission die ganze Fülle der Vorschläge mit dem Auftrag, die Ideen auszusieben und das Parlament für Krisen fit zu machen.
Parlament muss digital werden
Klar ist für die Kommission, dass das Parlament digital werden muss. Es müssen künftig auch Sitzungen per Videokonferenz möglich sein. Heute besagt das Parlamentsgesetz, dass für gültige Beschlüsse mehr als die Hälfte der Ratsmitglieder gleichzeitig in der Hauptstadt Bern anwesend sein muss. Zwar ist es seit Corona ausnahmsweise möglich, dass Parlamentarier aus der Quarantäne ihre Stimme von zuhause aus abgeben – von einem digitalen Parlament wie etwa in Lettland sind die eidgenössischen Räte aber noch weit entfernt.
In Zukunft soll das Abstimmen aus dem Homeoffice möglich werden, fordern zahlreiche Parlamentarier. «Zur Not sogar schriftlich», sagt der grünliberale Nationalrat Thomas Brunner. «Im Vergleich zum Nicht-Betrieb wären sogar B-Post-Abstimmungen und die daraus resultierenden Zeitverzögerungen das kleinere Übel.»
Häufigere, aber kürzere Sessionen
Eher kritisch steht die vorbereitende Kommission dem Vorschlag gegenüber, dass National- und Ständerat während einer ausserordentlichen Lage einmal pro Monat eine einwöchige Session abhalten – statt viermal pro Jahr eine dreiwöchige. Trotzdem soll der gemächliche Rhythmus der Räte aber jetzt grundsätzlich überprüft werden. Die Mehrheit der Kommission findet, dass häufigere, aber kürzere Sessionen der modernen Gesellschaft besser angepasst wären und die Politik rascher auf Krisen reagieren könnte.
Wenn von diesen Ideen auch nur einige umgesetzt werden: Das Parlament würde wendiger und einsatzbereiter. Allerdings dauert nun auch dieses Fitnessprogramm seine Weile. Erste Änderungen sind nicht vor nächstem Jahr zu erwarten.