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Experte: «Das ist nicht zuletzt ein Ausdruck einer grossen Frustration, die in der Politik andauert»
Aus SRF 4 News aktuell vom 03.05.2023. Bild: Keystone/Peter Klaunzer
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Motionen angenommen Boni-Verbot: «Entscheidende Phase des Wahlkampfs ist spürbar»

Der Nationalrat will ein Boni-Verbot für Topmanager systemrelevanter Banken. Zudem möchte er die Eigenkapital-Richtlinien verschärfen. Global tätige Banken sollen ihre Quote von heute fünf auf 15 Prozent erhöhen.

Alles nur Symbolpolitik? Was würden die Motionen für den Bankenplatz Schweiz bedeuten? Experte Peter V. Kunz mit einer Einschätzung.

Peter V. Kunz

Wirtschaftsrechtler

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Peter V. Kunz ist Professor für Wirtschaftsrecht der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bern und war deren Dekan bis 2020.

SRF News: Schon wieder liegt ein Boni-Verbot auf dem Tisch. Sind sie überrascht, dass es so schnell gegangen ist?

Peter V. Kunz: Nein. Das ist nicht zuletzt ein Ausdruck einer grossen Frustration, die in der Politik andauert. Man sieht eine gewisse Machtlosigkeit, und für Politiker ist dies frustrierend, da sie sich gewohnt sind, irgendetwas beschliessen zu können. Zudem spürt man gut, dass der Wahlkampf in die entscheidende Phase kommt. Hier konnte man noch einmal zeigen, auf welcher Seite man sozusagen steht.

Änderungen beim Eigenkapital hätten die Situation bei der CS nicht wirklich verhindern können, aber es ist richtig, wenn man das Eigenkapital überprüft.

Die Motion geht nun in den Ständerat. Wären Sie überrascht, würde dieser die Motionen ebenfalls annehmen?

Ja. Der Ständerat, der sich gerne Chambre de Reflexion nennt, ist typischerweise eher ein bisschen zurückhaltend und nicht ganz so schnell – was nicht notwendigerweise ein Fehler ist. Man hat bei der ausserordentlichen Session gesehen, dass der Ständerat den Bundesrat mit der Zustimmung zum Notrecht und zu 109 Milliarden Finanzierungsbeihilfe unterstützt hat. Ich vermute sogar, dass man sich im Nationalrat bewusst war, dass möglicherweise die Motionen nur im Nationalrat Erfolg haben werden.

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Boni-Verbot: Schwenkt die Mitte im Ständerat um?
aus Rendez-vous vom 03.05.2023. Bild: KEYSTONE/Peter Klaunzer
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Es gibt im Bankengesetz den Artikel 10a – wenn eine Bank Staatshilfe benötigt, kann der Staat bei den Boni eingreifen. Wieso also diese Motion?

Artikel 10a ist unter verschiedenen Aspekten ziemlich unklar. Er wurde im Zusammenhang mit der CS-Rettung zum ersten Mal angewendet. Der Bundesrat darf nur eingreifen, wenn tatsächlich eine Beihilfe gesprochen worden ist, was hier der Fall ist. Bei den Motionen geht man aber wesentlich weiter, dort geht es um ein generelles Verbot. Man würde den systemrelevanten Banken ganz grundsätzlich ein Bonusverbot auferlegen, völlig unabhängig davon, ob sie Riesengewinne oder Verluste machen, oder vom Staat gerettet werden müssen.

Es wäre ein Irrtum zu glauben, dass der Bankenplatz Schweiz unabhängig von ausländischen Bankenplätzen funktioniert.

Neben der Boni-Motion wurde auch die Eigenkapital-Motion angenommen. Was halten Sie davon?

Boni und Eigenkapital sind die beiden populären Themen und es macht durchaus Sinn, diese zu diskutieren. Änderungen beim Eigenkapital hätten die Situation bei der CS nicht wirklich verhindern können, aber es ist richtig, wenn man das Eigenkapital überprüft. Aktuell liegt der Wert bei 5 Prozent, beim harten Eigenkapital sogar etwas tiefer. Manche, ich eingeschlossen, sprechen von 10 Prozent. Die Motion verlangt 15 Prozent. Gerhard Pfister spricht von 20 Prozent. Gewisse Professoren in den USA sprechen von 30 Prozent. Es ist ein wildes Hin und Her nach dem Motto «Wer hat noch nicht, wer will noch mal.»

Mann und Frau.
Legende: Ihre beiden Motionen wurden angenommen: SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo im Gespräch mit Mitte-Präsident Gerhard Pfister. Keystone/Peter Klaunzer

Man muss das Ganze genauer anschauen, vor allem, welche Wirkungen die Eigenkapitalerhöhungen hätten. Zudem müsste man schauen, wie sich die Situation international entwickelt. Es wäre ein Irrtum zu glauben, dass der Bankenplatz Schweiz unabhängig von ausländischen Bankenplätzen funktioniert. Vor diesem Hintergrund geht es nicht zuletzt auch um die Standortfragen für Banken in der Schweiz. Wenn im Ausland eine moderate Erhöhung des Eigenkapitals vorgenommen wird, in der Schweiz aber plötzlich eine Vervierfachung ansteht, werden schweizerische Banken gegenüber ausländischen Banken benachteiligt.

Das Gespräch führte Salvador Atasoy.

SRF 4 News, 03.05.2023, 07:45 Uhr ; 

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