Der Countdown läuft: Bis spätestens am 1. Januar 2026 soll der Kantonswechsel von Moutier vom Kanton Bern zum Jura vollzogen sein. Nun zeigt sich nach und nach, welche Folgen dies für das abtrünnige bernische Städtchen hat. Und insbesondere für die umliegenden Gemeinden, die im Kanton Bern verbleiben.
Die grossen Verlierer sind die kleinen Gemeinden rund um Moutier.
Dies dürfte auch im neuen Bernjurassischen Rat zu reden geben, der am Mittwoch erstmals tagt.
«Die grossen Verlierer sind die kleinen Gemeinden rund um Moutier», sagt SRF-Jura-Korrespondent Rolf Dietrich.
Dörfer plötzlich ohne Feuerwehr
Der Kantonswechsel von Moutier zum Jura sorgt in der Region für grundlegende Probleme im Rettungswesen. Denn bislang ist die Stützpunktfeuerwehr in Moutier stationiert, welche in die umliegenden Ortschaften wie Sorvilier oder die 300-Seelen-Gemeinde Belprahon ausrückt.
«Es ist offen, ob die Feuerwehr von Moutier auch nach dem Kantonswechsel in den bernischen Nachbargemeinden eingesetzt werden kann», führt Dietrich aus. Die kleinen Gemeinden seien alleine zu klein, um eine eigene Feuerwehr zu betreiben. Weiter verfügten der Kanton Bern und der Kanton Jura über unterschiedliche Alarmsysteme, die untereinander nicht kompatibel seien.
420 Schüler müssen zügeln
Neben der Feuerwehr ist weiter die handwerkliche Schule CEFF betroffen. Denn der Kanton Bern plant, die Schule wegen des Kantonswechsels von Moutier nach Biel zu verlegen. Und dies, obschon die Hälfte der Schülerinnen und Schüler aus dem Kanton Jura stammt.
Für den Schuldirektor Cédric Bassin ist der Standortwechsel eine logische Folge: «Moutier hat demokratisch entschieden, den Kanton Bern zu verlassen. Der Kanton Bern hat aber immer gesagt, dass er die Schule auf bernischem Boden halten will. Darum zügeln wir jetzt die Schule nach Biel.»
Gar keine Freude am geplanten Wegzug der Berufsschule hat der Stadtpräsident von Moutier, Marcel Winistöfer. «Die Schule funktioniert doch tipptopp. Wir haben genügend Schüler aus beiden Kantonen, die einen effizienten Betrieb ermöglichen.»
Bei den Schülerinnen und Schülern sind die Gefühle über die Schul-Züglete gemischt. «Das kann gut oder schlecht sein. Je nachdem, wo man wohnt», sagt etwa Léanne Dénéréaz, Lernende aus Saignelégier (JU).
Die Suche nach einer neuen Identität
Mit Moutier verliert der Berner Jura seine grösste Stadt. Das erschüttert die Region in ihren Grundfesten. «Eine neue Identität zu finden, ist ganz schwierig», meint SRF-Korrespondent Rolf Dietrich. Denn der Berner Jura sei nicht so eine homogene Gegend wie etwa der deutschfreiburgische Sensebezirk.
Die verschiedenen Zentren im Berner Jura seien anders ausgerichtet: St. Imier richte sich nach La-Chaux-de-Fonds aus, Tavannes und Tramelan eher nach Biel.
Moutier ziehe es nun weg. Es orientiere sich am jurassischen Hauptort Delsberg. Das hat Folgen für die bernjurassische Bevölkerung: «Es gibt eine grosse Angst, dass immer mehr Dienstleistungen nach Biel ausgelagert werden», so Dietrich. Dies, weil die Stadt gross, zentral gelegen und somit gut erreichbar sei. Damit verliere die Region eine gewisse Eigenständigkeit.
Berner Jura als Schlaf- und Wohnregion?
Die Gefahr bestehe, dass der Berner Jura zu einer reinen Wohn- und Schlafregion verkomme. Eine gewisse industrielle Ausrichtung bleibe aus. Der drohende Abbau von Schulen und Dienstleistungen mache Angst.
Immerhin auf der politischen Bühne kann der Berner Jura seine Sonderrechte behalten: Etwa im Regierungsrat hat er nach wie vor einen garantierten Sitz.