Dienstagnachmittag, kurz vor 17:30 Uhr. Ein Erdrutsch mit 30'000 Kubikmeter Rutschmasse geht in Schwanden im Kanton Glarus nieder. Zwei Stunden später folgt ein weiterer. Bereits eine Woche zuvor wird eine Strasse im Dorf verschüttet, weswegen fünf Häuser evakuiert werden. Die Erdrutsche am Dienstag verschütten sechs Gebäude, 38 weitere sind beschädigt. Es stehen bis zu 150 Rettungskräfte von Feuerwehr und Zivilschutz sowie ein Care-Team im Einsatz, 97 Menschen werden evakuiert.
Eine von ihnen ist Corine Trümpi. Sie befindet sich zu Hause, als sich der Berg löst und die Schlammmassen in Richtung Dorf drücken. «Es gab ein komisches Geräusch, es hörte sich an wie Zündhölzer, die geknickt werden.» Als sie aus dem Fenster schaut, sieht sie, wie die Schlammmassen einen Unterstand fluten und in ein altes Haus dringen.
«Da guckt man blöd aus der Wäsche», sagt Trümpi. Mit zwei bis drei Sachen und dem Hund geht sie aus dem Haus und kann sich in Sicherheit bringen. «Der Schock war gross.» Fürs Erste kommt sie bei einer Freundin im Dorf unter.
Für das Dorf und für die Personen, die im betroffenen Gebiet wohnen, ist es eine Katastrophe.
Generell sei man sehr dankbar für die spürbare Solidarität, sagt Hans Rudolf Forrer, Gemeindepräsident Glarus Süd, wovon Schwanden ein Teil ist. Man erhalte viele Angebote aus der Bevölkerung. Forrer betont aber auch: «Für das Dorf und für die Personen, die im betroffenen Gebiet wohnen, ist dieser Erdrutsch eine Katastrophe.»
Auch Joel Thoma wird von den Geschehnissen überrascht. Der Erdrutsch zieht direkt an seinem Haus vorbei, als er am Fernsehen ist. Seine Nachbarin macht ihn darauf aufmerksam, dass vor dem Haus Bäume umfallen würden. «Da sagte ich, dass wir sofort hinausmüssen.» Er sieht, wie auf der anderen Strassenseite die Häuser mitgerissen werden. «Ich wusste nicht, wie viel herunterkommt. Ich konnte noch eine Tasche packen – und dann war ich weg.»
Niemand hatte damit gerechnet
«Wir haben schon viel erlebt, aber so etwas hatten wir noch nie», sagt ein anderer Einwohner von Schwanden. Er kenne alle hier, auch den Schreiner und den Spengler, deren Gebäude Opfer der Erdrutsche wurden. Einer Einheimischen tue es wahnsinnig weh, solche Bilder zu sehen. «Es ist schlimm für die Menschen, die nicht wissen, wie es jetzt weitergeht. Dass es so riesig wird, hätte niemand gedacht.»
Wie geht es nun weiter für die evakuierten Menschen? Ob und wann der Berg noch mal herunterkommt, weiss zurzeit noch niemand. Durchaus denkbar sei ein weiterer grosser Murgang, der weitere Teile des Siedlungsgebietes treffe, erklärten die Experten von der Naturgefahrenkommission der Gemeinde. 60'000 Kubikmeter lockere Masse könnten noch am Hang sein und abrutschen.
Es ist also ungewiss, wann die betroffenen Einwohnerinnen und Einwohner zurück in ihre Häuser können. Für Joel Thoma ist klar: «Wir brauchen jetzt Geduld – aber das wird schon geregelt.»