Was ist über die neuartige Covid-Variante aus Indien bekannt? Der erste Nachweis dieser Variante war Anfang Februar in Indien. An einigen Orten, wo sie nachgewiesen wurde, zeigt sie die Fähigkeit sich durchzusetzen, unter anderem in Indien und den USA. Das spreche dafür, dass sie gegenüber einigen älteren Varianten einen Vorteil habe, sagt Katrin Zöfel, Wissenschaftsredaktorin bei SRF. Ob sie sich auch gegen die Varianten durchsetzen könne und werde, die zurzeit in der Schweiz dominieren, und was das für die Fallzahlen bedeutet, sei völlig offen.
Dass sehr wenig getestet wird, kann dazu führen, dass Trends völlig falsch wahrgenommen werden. Das gilt sowohl für die Fallzahlen als auch für die Todeszahlen.
Innerhalb zweier Wochen sind in Indien die Infektionszahlen um 281 Prozent angestiegen. Die Sterberaten haben im gleichen Zeitraum um 17 Prozent zugenommen. Wie ist das einzuordnen? «Die Zahlen muss man mit Vorsicht geniessen, genauso wie nun schon seit einiger Zeit auch die Schweizer Fallzahlen», sagt die Wissenschaftsredaktorin. Hier wie dort werde sehr wenig getestet. «Das kann dazu führen, dass Trends völlig falsch wahrgenommen werden. Das gilt sowohl für die Fallzahlen als auch für die Todeszahlen», so Zöfel.
Ob der Anstieg der Zahlen in Indien real sei, wie stark er sei und wie gross eine allenfalls kommende Welle dort werden könne, könne deshalb im Moment nicht wirklich seriös eingeschätzt werden. Das Bild werde erst in den nächsten Wochen klarer werden.
Arcturus wurde mittlerweile in über 20 Ländern nachgewiesen, auch in Deutschland – warum noch nicht in der Schweiz? In unseren Nachbarländern seien es bisher auch nur einzelne Fälle mit diesen Varianten, so Zöfel. Es sei vermutlich Zufall, dass man hier noch keinen gefunden habe. Dem Verbreitungsmuster nach zu urteilen könne man wohl damit rechnen, dass die Variante über kurz oder lang auch in der Schweiz ankommt.
Die Immunität in der Schweiz dürfte vergleichsweise hoch sein, weil die Infektionen durchgehend relativ hoch waren.
Arcturus breitet sich schneller aus als bisherige Varianten und könnte allenfalls Immunitäten umgehen. Verändert das die Situation grundlegend? Der letzte grosse Sprung in der Evolution des Virus war Omikron, mit einem ganzen Strauss von bis dahin unbekannten Mutationen in einer einzigen Variante vereint. Ganz so «neuartig» sehe Arcturus auf den ersten Blick nicht aus, sagt Zöfel. «Zu Reden geben eine Mutation im Spike-Protein, von der man vermutet, dass sie die Variante ansteckender macht, und dann noch zwei Mutationen im sogenannten ORF9b-Gen. Dieses Gen hat mit einer besonderen Fähigkeit des Coronavirus zu tun, nämlich die Immunreaktion insgesamt auszubremsen.»
Deshalb seien Mutationen in diesem Gen besonders interessant und beobachtenswert. Allerdings sei zurzeit noch komplett offen, ob diese Mutationen überhaupt etwas bewirkten, oder einfach nur zufällige Veränderungen ohne Relevanz seien. Dass die WHO die Variante als «zu beobachten» einstuft, scheint also sinnvoll.
Womit müssen wir in den nächsten Wochen rechnen? Seriös kann dies im Moment nicht gesagt werden. Denn laut Zöfel gibt es insgesamt noch zu wenig Informationen. «Die Immunität in der Schweiz dürfte allerdings vergleichsweise hoch sein, weil die Infektionen hier durchgehend relativ hoch waren. Das heisst auch, dass die Immunität dauernd aufgefrischt wurde. In Indien gab es zudem keine starken Wellen mit XBB-Varianten, die Immunität dort stammt also von älteren Varianten.» Das könnte bedeuten, dass Arcturus, die auch zur XBB-Familie gehört, dort eher eine starke Welle auslösen kann als hier in der Schweiz.