Manchmal ist fast wichtiger, was nicht gesagt wird, als was gesagt wird. Gesagt hat Stefan Kuster heute vor den Medien, er werde sich in Zukunft dort einbringen, wo seine Stärken als Infektiologe und Epidemiologe lägen – also im Bereich fachliche Analyse und strategische Arbeiten. Nicht aufgezählt hat er dabei die Kommunikation. Das erstaunt kaum. Er trat zwar stets ruhig auf, vermochte aber dabei nicht, mit dieser Ruhe auch Sicherheit zu vermitteln.
Damit steht er im krassen Gegensatz zu seinem Vorgänger und auch in dessen Schatten. Daniel Koch wurde als «Mister-Corona» wahrgenommen, der ruhig und besonnen durch die Krise führte. Und das obwohl auch ihm immer wieder Kritik entgegenbrandete. Koch war ganz Medien-Profi und ist auch nach seinem Abgang als «Mister Corona» weiterhin präsent – zu präsent, würden manche sagen. Der Gegensatz zeigt; fachliche Qualifikation allein macht noch keine gute Presse im Amt als «Mister Corona».
BAG muss umdenken
Dabei kann man sich fragen, ob dieser Anspruch überhaupt gerechtfertigt ist. Im Zweifelsfall dürfte in der Leitung einer Abteilung im BAG Fachkompetenz der Auftrittskompetenz vorgezogen werden. Ob es klug ist, einen Abteilungsleiter so stark in den Medien zu exponieren, sei dahingestellt, zumal im Verlauf der Krise die Kritik am BAG und seinen Massnahmen stetig wuchs und damit auch der Druck auf die Verantwortlichen. Die höchste Ebene des BAG, die Direktion, hat sich derweil seit Beginn der Krise weitgehend medial abgemeldet. Eine Strategie, die sich mit dem Abgang von Stefan Kuster zu rächen scheint.
Abgänge und Pannen schmälern Vertrauen
Erschwerend hinzu kamen diverse Kommunikationspannen, die er während seiner Amtszeit als Leiter Übertragbare Krankheiten beim BAG zu verantworten hatte. So vermeldete das BAG falsche Zahlen zu den Ansteckungsorten, oder Kuster stiftete gar selbst Verwirrung an Pressekonferenzen. So geschehen etwa als er behauptete, die Quarantäne für Einreisende aus Risikoländern würde auch rückwirkend auf bereits Eingereiste angewandt oder als er den Tod eines unter 30-Jährigen vermeldete – obwohl dieser quicklebendig war. Zusammen mit Kusters Abgang schmälert all dies das Vertrauen in die Behörde. Egal, woran sein Abgang genau liegt, der Eindruck der Unruhe entsteht.
Unruhe hätte vermieden werden können
Heute hat das BAG nun angekündigt, die Last des «Mister Corona» auf verschiedene Schultern zu verteilen. Dass dies nicht schon von Anfang an gemacht wurde, ist schwer zu verstehen. Denn dass eine Pandemie kommen würde, das war schon seit Jahren klar. Nicht umsonst hat man sich mit Plänen und Übungen darauf vorbereitet.
Blindlings auf einen «Mister Pandemie» zu hoffen, so wie es scheint, der fachlich und medial überzeugt scheint zumindest eine blauäugige Wunschvorstellung gewesen zu sein. Nun bleibt zu hoffen, dass das BAG sich bei der Verteilung der Last auf die verschiedenen Schultern nicht zu sehr verzettelt, denn zu viele «Mr. und Ms. Corona» würden für noch mehr Unklarheiten sorgen.