Es wäre eine Lösung in allerletzter Minute: Die elektronischen Impfdaten von rund 300'000 Personen sollen gerettet werden. Der Kanton Aargau und die Stammgemeinschaft eHealth Aargau unternehmen einen Versuch, die Daten von meineimpfungen.ch zu sichern. Sie haben mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) eine Vereinbarung unterzeichnet. Nun prüfen sie, ob die Datenrettung überhaupt möglich ist und ob sie sich lohnt.
Daten in «himmeltraurigem Zustand»
Der Hintergrund: Die Plattform meineimpfungen.ch wurde im März 2021 wegen schwerwiegender Sicherheitsmängel vom Netz genommen. Unterdessen ist die Stiftung hinter der Seite pleite. Die Daten liegen auf einer Festplatte beim zuständigen Berner Konkursamt. Das BAG hat nach eigenen Angaben keine gesetzliche Grundlage, um die Daten den betroffenen Personen zurückzugeben.
Die elektronischen Impfdaten sollten im Konkursverfahren verkauft werden. Der eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte intervenierte aber. Er wolle keine «hüftschussartige Lösung» und das Problem an Private weitergeben, sagte Adrian Lobsiger im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Dies auch, weil die Daten in einem «himmeltraurigen Zustand» seien.
Noch ist nichts entschieden
Jetzt springt also der Kanton Aargau ein. In einem Vorprojekt wird die Qualität der elektronischen Daten begutachtet. Daneben wird geprüft, wie die betroffenen Personen an ihre elektronischen Impfdaten gelangen könnten. Diese Aufgabe liegt bei eHealth Aargau, im Auftrag des kantonalen Gesundheitsdepartements. Auch der eidgenössische Datenschutzbeauftragte ist involviert. Er hat seine Empfehlung zur Löschung der Daten von meineimpfungen.ch aufgehoben.
Es handle sich um den voraussichtlich letzten Anlauf, teilt der Kanton Aargau mit. Eine Rettung müsse aber wirtschaftlich und technisch sinnvoll machbar sein. Vor allem müsse der Datenschutz gewährleistet sein. Wenn dies nicht möglich ist, werden die elektronischen Daten definitiv gelöscht. Falls eine Möglichkeit besteht, sollen die rund 300'000 Personen ihre eigenen Impfdaten in ein elektronisches Patientendossier (EPD) übernehmen können.
Darum springt der Aargau ein
Der Kanton Aargau war der erste Kanton, welcher 2020 das elektronische Patientendossier einführte. Das Projekt harzt aber – nicht nur im Aargau. Trotz Investitionen von mehreren Millionen Franken haben erst wenige Personen ein EPD: Die Eröffnung ist umständlich und es gibt keine zentrale Stelle, sondern regionale Stammgemeinschaften. Der Bundesrat will deshalb verbindliche Regeln für das elektronische Patientendossier definieren – auch zur Finanzierung.
Nicolai Lütschg, Geschäftsführer von eHealth Aargau, sagt auf Anfrage von Radio SRF, es wäre auch ein Verkaufsargument für das elektronische Dossier, wenn die Impfdaten gerettet werden könnten. «Wir wären nicht glaubwürdig, wenn man eine solche fantastische Datenquelle einfach vernichten würde, ohne vertieft zu prüfen, was man noch machen kann.»
Dem EPD habe bisher eine «Killerapplikation» gefehlt. Die elektronische Verfügbarkeit der Impfdaten wäre nun eine. Anders als ärztliche Berichte oder Röntgenbilder kann das Impfbüchlein in elektronischer Form nützlich sein – zum Beispiel, wenn man vor einer Auslandsreise seinen Impfstatus überprüfen will.