Der einjährige Krieg in der Ukraine hat auch in der Schweiz einiges in Bewegung gesetzt. Dazu gehört die Diskussion über Neutralität, die Aufnahme zehntausender Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sowie das Mitziehen bei EU-Sanktionen gegen Russland. Ein Überblick:
Politische Reaktionen: Noch am Tag des russischen Überfalls vor exakt einem Jahr, am 24. Februar 2022, verurteilt das Aussendepartement EDA in Bern die «Invasion» auf das Schärfste. Ein paar Tage später verlässt das Schweizer Botschaftspersonal die Hauptstadt Kiew und kehrt erst wieder am 19. Mai zurück.
Als erste Schweizer Politikerin reist Nationalratspräsidentin Irène Kälin Ende April mit einer Parlaments-Delegation nach Kiew. Ein halbes Jahr später reist auch Bundespräsident Ignazio Cassis nach Kiew und trifft dort am 20. Oktober seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodimir Selenski.
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Bild 1 von 6. Bundesrat Ignazio Cassis wollte sich bei seinem Besuch in Kiew ein Bild über die Kriegssituation, die humanitäre Lage und die Vorbereitungsarbeiten für den späteren Wiederaufbau machen. Bildquelle: IMAGO/ ZUMA Wire.
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Bild 2 von 6. Tausende Menschen gehen in der Schweiz auf die Strasse und zeigen ihre Solidarität mit der Ukraine, wie hier am 1. Mai 2022 in Belinzona. Bildquelle: KEYSTONE/Ti-Press/Pablo Gianinazzi.
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Bild 3 von 6. Bei der Demonstration vor dem Bundeshaus am 19. März nahm auch der ukrainische Präsident Wolodmir Selenski per Videoschalte teil und sprach zu den Demonstrierenden. Bildquelle: KEYSTONE/Peter Klaunzer.
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Bild 4 von 6. Kinder aus der Ukraine besuchen in der Schweiz die Schule. Bildquelle: KEYSTONE/Cyril Zingaro.
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Bild 5 von 6. Ukrainische Flüchtlinge und deren Gastfamilien an einer Informationsveranstaltung in der Region Murten. Bildquelle: (KEYSTONE/Peter Schneider.
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Bild 6 von 6. Bundesrat Guy Parmelin stellt am 16. November die Entwürfe der Verordnungen für den Fall einer Gasmangellage vor. Bildquelle: KEYSTONE/Anthony Anex.
Solidarität: Noch am 24. Februar gehen in Bern Ukrainer und Schweizer gemeinsam auf die Strassen, um gegen den russischen Angriffskrieg zu protestieren. Keine zwei Wochen später sind es Zehntausende Menschen, die in verschiedenen Schweizer Städten an Friedensdemonstrationen teilnehmen.
Kurz nach Kriegsausbruch beginnt die Schweiz mit der Lieferung von Hilfsgütern an die Ukraine. Bis im August sind es über 600 Tonnen. Neben der humanitären Hilfe befasst sich die Schweiz auch mit dem Wiederaufbau in der Ukraine. Im Juli findet dazu die Ukraine-Wiederaufbau-Konferenz in Lugano statt.
Sanktionen: Vier Tage nach der russischen Invasion in die Ukraine schliesst sich die Schweiz ersten EU-Sanktionen gegen Russland an. Anfang April sind bereits Vermögenswerte in der Höhe von 7.5 Milliarden Franken in der Schweiz gesperrt. Sanktioniert werden neben Russland auch Belarus und der Iran. Diese Sanktionen betreffen unter anderem ein Embargo auf Rohöl und ein Kaufverbot von Gold aus Russland.
Sollen russische Gelder für den Wiederaufbau in der Ukraine verwendet werden dürfen oder nicht? Diese Frage entbrennt international. Eine Expertengruppe des Bundesrats kommt Mitte Februar 2023 zum Schluss, dass dies gegen die Schweizer Verfassung und gegen internationale Verpflichtungen verstossen würde.
Flüchtlinge: Der vom Bundesrat gut zwei Wochen nach Kriegsbeginn beschlossene Schutzstatus S für Flüchtlinge aus der Ukraine stösst auf breite Zustimmung: Alle Bundesratsparteien – SVP, SP, FDP und Mitte – befürworten die Massnahme vom 11. März. Auch die Schweizer Bevölkerung empfängt geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer mit offenen Armen. 35 Prozent der Geflüchteten finden in Gastfamilien ein neues Zuhause.
Mitte Mai steigt die Zahl der in der Schweiz registrierten Flüchtlinge aus der Ukraine auf über 50'000. Bis Mitte Februar 2023, knapp ein Jahr nach der russischen Invasion, sind es rund 75'000. Der Schutzstatus S gilt mindestens bis März 2024.
Energie: Bereits eine gute Woche nach dem russischen Überfall auf die Ukraine beschliesst der Bundesrat Massnahmen zur Gasversorgungssicherheit für den kommenden Winter. Eine Kampagne des Bundesrats unter dem Motto «Energie ist knapp. Verschwenden wir sie nicht» ruft im August die Bevölkerung zu Sparmassnahmen auf.
Zu den Empfehlungen gehören unter anderem das Absenken der Heiztemperatur und ein geringerer Warmwasserverbrauch. Ein Dreivierteljahr später ist der Spuk um einen möglichen Energiemangel oder gar -notstand aber vorbei: Anfang Februar dieses Jahres kostet Gas im Grosshandel wieder weniger als vor dem Beginn des Ukraine-Krieges.