Bundesrat Ignazio Cassis war schon immer ein UNRWA-Kritiker. Auf einer Reise nach Jordanien 2018 bezeichnete er das UNO-Hilfswerk als Teil des Problems im Nahen Osten. Darauf hagelte es international Kritik.
Mittlerweile fühle sich der FDP-Bundesrat bestätigt, hört man aus seinem Departement. Spätestens seit Israel mehreren UNRWA-Mitarbeitenden eine gefährliche Nähe zur Hamas vorwarf. Beweise dafür würden allerdings fehlen, stellte eine externe Untersuchung Anfang Woche fest.
Meinungen im Bundeshaus sind gemacht
Doch obwohl der Bericht der ehemaligen französischen Aussenministerin Catherine Colonna die UNRWA zumindest teilweise entlastet, scheinen die Meinungen im Bundeshaus gemacht.
Aus der SVP und FDP, aber auch aus der Mitte-Partei erhalten Aussenminister Cassis und der Gesamtbundesrat heute viel Unterstützung für den Entscheid, weiterhin keine Gelder an die UNRWA zu bezahlen. Die externe Überprüfung der UNRWA sei eine «Farce», ist selbst aus der Mitte-Partei zu hören.
Ganz anders die linken Parteien: Grüne und SP sind empört, dass der Bundesrat im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern die Hilfsgelder eingefroren lässt. Die SP sammelt Stimmen für eine Petition an den Bundesrat, die 20 Millionen Franken fürs Palästinenser-Hilfswerk sofort freizugeben.
Doch hätte Bundesrat Cassis heute bei den aussenpolitischen Kommissionen des Parlaments beantragt, die Gelder für die UNRWA zu deblockieren, wäre er damit kaum durchgekommen. Für die bürgerliche Mehrheit hat der externe Untersuchungsbericht offenbar kaum etwas verändert.
Warten auf zweiten Bericht
Dennoch ist das Aufschieben der Gelder für die UNRWA kein Grundsatzentscheid, der die Schweizer Nahostpolitik verändern wird. Der Bundesrat will noch einen zweiten angekündigten Untersuchungsbericht über das Hilfswerk im Gazastreifen abwarten. Zudem wird die Regierung sehr genau beobachten, welche Länder ihre Zusammenarbeit mit der UNRWA nun wieder aufnehmen. Dass etwa Deutschland, Schweden oder auch Kanada ihre Hilfen freigeben, dürfte der Landesregierung zu denken geben.
Die Schweiz riskiert mit ihrer UNRWA-kritischen Haltung, längerfristig im Abseits zu stehen. Aussenminister Cassis dürfte kein Interesse daran haben, dass die Schweiz zum Sonderfall in der westlichen Nahostpolitik wird. Es ist deshalb denkbar, dass der Bundesrat nach vertieften Abklärungen in ein paar Monaten die Gelder an die UNRWA doch noch freigeben könnte.