Einen Tag, nachdem die Stimmbevölkerung Ja zum Stromversorgungsgesetz und somit Ja zu erneuerbaren Energien gesagt hat, brechen bei der AKW-Frage die Gräben zwischen links und rechts schon wieder auf. Sie interpretieren das klare Ja zum Gesetz komplett unterschiedlich.
Nationalrat Roger Nordmann (SP) meint: «Das ist auch der letzte Sargnagel der Atomenergie in der Schweiz.» SVP-Präsident Marcel Dettling indes findet: «Jetzt müssen wir uns umgehend an die Planung machen: langfristige Energie, kostengünstige Energie und rund um die Uhr verfügbare Energie. Und da führt kein Weg an der Kernenergie vorbei.»
Das Verbot für den Bau von neuen AKW möchten SVP und FDP jetzt kippen. Unterstützung bekommen sie aus der Wirtschaft, vom Dachverband Economiesuisse. Er lanciert bereits am Tag der Abstimmung die Kernkraft-Debatte.
Alexander Keberle, Geschäftsleitungsmitglied bei Economiesuisse, erklärt: «Wir hoffen auch, es braucht keine Atomkraftwerke, aber es ist durchaus möglich, dass es sie braucht.» Keberle glaubt nicht, dass das Prinzip Hoffnung reicht. «Wir müssen sicherstellen, dass wir genügend Strom haben, für unsere Klimaziele. Da wäre es fahrlässig, die Kernkraft aussen vor zu lassen.»
Appell gegen Kernenergie
Weltweit werden neue Kernkraftwerke gebaut. Doch neue AKW in der Schweiz – das will die atomkritische Energiestiftung verhindern. Sie hat einen Appell gegen die Kernenergie lanciert.
Léonore Hälg, Fachexpertin Erneuerbare Energien der Schweizerischen Energie-Stiftung, sagt dazu: «Das Ja zum Stromgesetz bedeutet, dass wir bis 2035 soviel Stromproduktionskapazitäten zubauen werden, dass wir die AKW – weder die alten noch neue – überhaupt brauchen. Weil wir genug Strom haben aus erneuerbaren Quellen.»
Eine Grundsatzdebatte über die Kernenergie steht defintiv bevor: Im Februar wurde die sogenannte Blackout-Initiative eingereicht, die eine Aufhebung des AKW-Neubau-Verbots fordert.