Es war das Votum der SVP-EDU-Fraktion, das im Zürcher Kantonsparlament für Empörung sorgte. «Antisemitismus 2024 kommt nicht von rechts, sondern entweder von den antikapitalistischen Linken oder aus oftmals muslimisch geprägten Migrantenmilieus», sagte Fraktionschef Tobias Weidmann. «Mit dem völlig aus dem Ruder laufenden Asylchaos importieren wir teilweise eine ganz neue Generation von Antisemiten.»
Mit dem völlig aus dem Ruder laufenden Asylchaos importieren wir teilweise eine ganz neue Generation von Antisemiten.
Für viele linke Politiker wurde damit eine Grenze überschritten. Sie verliessen aus Protest den Kantonsratssaal. «Dieses Votum war unter der Gürtellinie», sagte SP-Fraktionschefin Sibylle Marti gegenüber dem Regionaljournal Zürich Schaffhausen. «Es geht nicht, dass dieser Vorfall nun dafür benutzt wird, um gegen Asylsuchende und Ausländerinnen zu hetzen.» Darum hätten viele Mitglieder von SP, Grünen und AL den Saal verlassen.
Es geht nicht, dass dieser Vorfall nun dafür benutzt wird, um gegen Asylsuchende und Ausländerinnen zu hetzen
Enttäuscht vom Verhalten aller Parlamentarier – sowohl von rechts als auch von links – zeigte sich Sonja Rueff-Frenkel. Die Politikerin der FDP, die selber jüdisch ist, will aus der Attacke gegen einen orthodoxen Juden vom vergangenen Wochenende keine politische Links-Rechts-Debatte machen.
«Antisemitismus ist ein gesellschaftliches Problem», sagte sie im Rat. Sollte ihr Sohn, der mit Kippa zur Schule gehe, angegriffen werden, sei es ihr egal, ob der Angreifer rechts oder links denke.
Justizdirektorin Jacqueline Fehr nannte die Attacke einen «Angriff auf unser friedliches und zivilisiertes Zusammenleben» und kündigte eine vollständige Aufklärung des Falles an. Hass und Ausgrenzung würden nicht toleriert.
Oberjugendanwaltschaft schweigt zu neuen Erkenntnissen
Zur Attacke gekommen war es am vergangenen Samstagabend. Ein 15-jähriger, eingebürgerter Tunesier hatte einen jüdisch-orthodoxen Familienvater vor einer belebten Bar mit einem Messer angegriffen. Der 50-jährige Mann wurde schwer verletzt, ist mittlerweile aber ausser Lebensgefahr.
Der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr sprach von einem Terroranschlag und von einem klar antisemitisch motivierten Angriff. Der mutmassliche Täter ist im Kanton Zürich wohnhaft, nicht aber in der Stadt. Zur Frage, wie sich der Jugendliche radikalisierte, gaben die Behörden an einer Medienorientierung am Montagnachmittag keine Antwort.
Aufgrund des Vorfalls wurden die Sicherheitsmassnahmen in Zürich verstärkt. Stadt- und Kantonspolizei erhöhten etwa den Schutz von jüdischen Einrichtungen und setzen vermehrt auf jugendliche Präventionsarbeit.
Israelitische und islamische Organisationen erschüttert
Der Angriff löst derweil in der Gesellschaft viel Betroffenheit aus. Die jüdische Gemeinde versammelte sich am Sonntagabend spontan zu einer Mahnwache in unmittelbarer Nähe zum Tatort. Mehrere hundert Personen nahmen teil. Viele trugen gelbe Regenschirme, diese gelten als Symbol gegen Antisemitismus.
Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) zeigte sich in einer Mitteilung «zutiefst erschüttert, dass ein Gemeindemitglied Opfer einer solchen Attacke wurde.» Und auch die Vereinigung der islamischen Organisationen in Zürich (Vioz) verurteilte den Angriff scharf. «Nicht in unserem Namen», hiess es in der Stellungnahme.